Orales Mikrobiom

Drastisch veränderte Mundflora bei Krebs

Beim Plattenepithelkarzinom der Mundhöhle ist die Zusammensetzung des oralen Mikrobioms im Vergleich zu Gesunden drastisch verschoben. Als eine Bakteriumart mit gutem diagnostischem Potenzial entpuppten sich in einer chinesischen Studie Fusobakterien.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Leukoplakie: Eine histologische Abklärung bei Verdacht auf eine maligne Veränderung kann notwendig werden. Bei fast 15 Prozent der Karzinome in der Mundhöhle ist der Auslöser unbekannt.

Leukoplakie: Eine histologische Abklärung bei Verdacht auf eine maligne Veränderung kann notwendig werden. Bei fast 15 Prozent der Karzinome in der Mundhöhle ist der Auslöser unbekannt.

© Dr. Hans Schulz, Bergkamen

SHANGHAI. Mundhöhlenkrebs hat ja meist eine bekannte Ursache. Das reicht von Tabakrauchen und Alkoholtrinken bis zum Kauen der Betelnuss und der Infektion mit humanen Papillomviren. Doch bei fast 15 Prozent der Karzinome in der Mundhöhle ist der Auslöser unbekannt.

Deshalb haben sich jetzt chinesische Spezialisten für Kopf-Hals-Tumoren den Biofilm der oralen Mukosa etwas genauer angeschaut. Sie analysierten die Zusammensetzung bei insgesamt 40 Studienteilnehmern, Gesunden sowie Patienten mit oralem Plattenepithelkarzinom (Sci Rep 2017; online 18. September).

Einsatz modernster Technik

Dr. Hongsen Zhao von der Shanghai Jiao Tong University und seine Kollegen nutzten dazu das modernste Verfahren des Next Generation Sequencing (NGS) mithilfe des Illumina- MiSeq-Systems, mit dem sie ein Rohmaterial von mehr als fünf Millionen bakteriellen Genomen bearbeiteten.

Die Wissenschaftler entdeckten elf Bakterienstämme, 130 Bakteriengattungen und fast 390 verschiedene Bakterienspezies. Der Bakterienidentifizierung lag die Analyse des 16S-rRNA-Gens zugrunde. Wie die Forscher berichten, entdeckten sie pro Untersuchungsprobe etwa 200 Bakterienarten. Als häufigste Art machten sie Neisseria flavescens mit einem Anteil von 10,7 Prozent in Proben von Krebspatienten und 12,2 Prozent in Proben von Gesunden aus. Insgesamt 14 Spezies wurden in allen Proben nachgewiesen, darunter Actinomyces odontolyticus, Prevotella-, Streptokokken- und Fusobakteriumarten. Die Zusammensetzung der Bakterien unterschied sich bei Krebspatienten deutlich von derjenigen bei Gesunden: Spirochäten, Fusobakterien und Bakterien vom Stamm Bacteroidetes kamen häufiger vor.

Signifikant weniger seien Bakterien der Stämme Firmicutes und Actinobacter in den Proben von Krebspatienten vorhanden gewesen, so Zhao und seine Kollegen. Dies sei auch für die Genera Streptokokkus und Rothia bestätigt worden. In den Karzinomproben seien im Vergleich zu den Proben Gesunder insgesamt 39 Bakterienarten signifikant häufiger und 28 Arten signifikant seltener nachweisbar gewesen. Nach Ansicht der Forscher haben Porphyromonas gingivalis und Fusobacterium nucleatum das größte Potenzial, mit der Entstehung von Krebs in der Mundhöhle zu korrelieren. Bereits beim Pankreas- und kolorektalen Karzinom sei eine Assoziation mit der Besiedelung durch diese Bakterienarten beobachtet worden.

Parodontitis als Risikofaktor

Schon länger gilt Parodontitis als unabhängiger Risikofaktor für die Entstehung des Plattenepithelkarzinoms der Mundhöhle. Tatsächlich waren in den Proben von Krebspatienten Bakterienklassen, die mit Parodontitis assoziiert sind, vermehrt vorhanden: Außer Fusobakterien Peptostreptokokken, Filifaktor- und Catonella- sowie Parvimonas-Bakterien. Den Forschern zufolge lässt sich jedoch nicht endgültig entscheiden, ob die bakterielle Dysbiose in der Mundhöhle die Entstehung von Krebs vorantreibt oder ob das Tumormikroenvironment letztlich die Zusammensetzung der bakteriellen Flora bestimmt und das Wachstum der einen Bakterienarten mehr begünstigt als das anderer Arten.

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