Spektrum der adjuvanten Therapie bei Darmkrebs hat sich sehr erweitert

FRANKFURT AM MAIN (run). Um das Rezidivrisiko bei Patienten mit Darmkrebs im Stadium III zu mindern, erhalten sie zusätzlich zur Tumorresektion eine Chemotherapie. Standard ist dabei in Deutschland nach wie vor die 5-FU-Bolusinfusion. Eine mindestens ebenso wirksame, aber besser verträgliche Alternative ist die orale Therapie. Das haben die Daten des Updates der X-ACT-Studie bestätigt, die beim US-amerikanischen Krebskongreß ASCO vorgestellt worden sind.

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X-ACT steht für Xeloda in Adjuvant Colon Cancer Therapy. In dieser randomisierten Studie mit fast 2000 Darmkrebs-Patienten im Stadium III (Dukes C) wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit einer adjuvanten oralen Therapie mit Capecitabin (Xeloda®), das seit März 2005 auch für diese Indikation zugelassen ist, mit der einer 5-FU/Folinsäure-Infusion nach einem Standardprotokoll (Mayo Clinic Protokoll) verglichen.

Die aktuelle Auswertung über einem Zeitraum von nunmehr im Mittel vier Jahre ergab nicht nur ein deutlich günstigeres Nebenwirkungsprofil. Unter der oralen Therapie überlebten auch signifikant mehr Patienten ohne Rezidiv, wie Dr. Dirk Arnold von der Universität Halle bei einem Presseforum in Frankfurt am Main berichtete.

Das Signifikanzniveau beim Gesamtüberleben sei nur knapp verfehlt worden. "Das ist ein erstaunlich gutes Resultat für eine Studie, die eigentlich nur die Gleichheit beider Regime zeigen sollte", sagte Arnold bei der Veranstaltung von Hoffmann-La Roche.

Der Onkologe stellte zudem neue Daten zu Oxaliplatin-basierten Studien mit kontinuierlicher 5-FU-Infusion vor, die ebenfalls beim Krebskongreß präsentiert worden waren. Darin sei der Vorteil einer solchen Kombination im Vergleich zur 5-FU-Bolustherapie bei Hochrisikopatienten mit Darmkrebs im Stadium II und bei Patienten im Stadium III untermauert worden. Der Vorteil der besseren Wirkung werde allerdings mit mehr unerwünschten Effekten, vor allem ausgeprägten Neuropathien, erkauft, räumte der Onkologe ein.

Arnold zog aus diesen Daten das Fazit, daß eine adjuvante, orale Monotherapie mit Capecitabin auf jeden Fall besser ist als eine 5-FU-Bolusinfusion. Für Patienten, die einen maximalen Effekt wünschten, sei die Kombination aus Oxaliplatin plus 5-FU-Infusionstherapie die empfehlenswerte Alternative. Ob auch hierbei die 5-FU-Infusion durch eine orale Applikation gleichwertig ersetzt werden kann, werde derzeit in Studien geprüft. Erste auf dem Krebskongreß präsentierte Daten deuteten tatsächlich auf eine ähnliche Wirksamkeit und Verträglichkeit.

In Zukunft könnten sich die Behandlungsmöglichkeiten zudem durch Kombinationen mit neuen Substanzen wie den Antikörpern Cetuximab und Bevacizumab und durch verstärkte Berücksichtigung von Prognosefaktoren weiter verbessern, hofft Arnold. "Wir haben eigentlich schon jetzt für Darmkrebspatienten die Luxussituation, daß wir zur adjuvanten Therapie je nach individuellem Bedürfnis auf verschiedene Optionen zurückgreifen können", so Arnold.

Realität sei aber, daß nicht alle Patienten, die für eine adjuvante Therapie in Frage kommen, gezielt behandelt würden. Und selbst bei jenen mit adjuvanter Therapie werde diese oft nicht richtig angewandt und so die Effektivität gemindert, kritisierte der Onkologe. Dies belegten aktuelle Studiendaten.



Es gibt vier Darmkrebs-Stadien

Die Einteilung bei Darmkrebs erfolgt meist nach dem TNM (Tumorgröße, Nodus, Metastasen)-System, das vier Stadien unterscheidet.

Stadium I (15 Prozent der Patienten): Kleiner Tumor, der sich auf seinen Entstehungsort beschränkt. Befall der Darmschleimhaut (T1) und auch der darüberliegenden Muskelschichten (T2)

Stadium II (20 bis 30 Prozent der Patienten): Größerer Tumor, der in alle Schichten der Darmwand vorgedrungen ist und die äußere Schicht schon durchbrochen hat (T3) und eventuell schon andere Organe befallen hat (T4)

Stadium III (30 bis 40 Prozent der Patienten): Weit fortgeschrittener Tumor, Lymphknoten sind bereits befallen (N1-2)

Stadium IV (20 bis 25 Prozent der Patienten): Tumor hat das umliegende Gewebe erfaßt. Es sind bereits Metastasen in anderen Organen vorhanden (M1), Lymphknoten können befallen sein (N0-2)

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