Antikörper enttarnen Darmkrebs

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Mit immunologischen Tests lässt sich Blut im Stuhl sensitiver nachweisen als mit dem guajakbasierten Test.

Mit immunologischen Tests lässt sich Blut im Stuhl sensitiver nachweisen als mit dem guajakbasierten Test.

© Preventis GmbH

Mit immunologischen Tests lässt sich Darmkrebs doppelt so oft nachweisen wie mit dem herkömmlichen Guajak-Test. Die Stiftung LebensBlicke bemüht sich, sie als GKV-Leistung zu etablieren.

Von Beate Schumacher

LUDWIGSHAFEN. Von den Okkultblut-Tests zur Darmkrebsfrüherkennung wird bisher nur der Guajak-Test von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Das könnte sich ändern, wenn in diesem Jahr die neue S3-Leitlinie zum kolorektalen Karzinom herauskommt.

Wie schon in der europäischen Leitlinie zum Darmkrebs-Screening werden dort die immunologischen Stuhltests empfohlen.

Test auf verborgenes Blut im Stuhl bleibt wichtig bei Darmkrebsprävention

Auch wenn die Koloskopie heute der Goldstandard ist, bleibt der Test auf verborgenes Blut im Stuhl ein wichtiger Bestandteil der Darmkrebsprävention: Im Alter von 50 bis 54 Jahren haben gesetzlich Krankenversicherte jährlich Anspruch auf den Test.

Ab 55 Jahren stehen ihnen zwei Koloskopien im Abstand von zehn Jahren zu, alternativ können sie aber auch alle zwei Jahre einen Stuhltest durchführen lassen.

Der Nachweis von Blut im Stuhl kann auf eine (sich anbahnende) Krebserkrankung hinweisen, weil Darmpolypen und -karzinome häufiger bluten als normale Darmschleimhaut, und muss deswegen immer koloskopisch abgeklärt werden.

Beim Guajak-Test, der schon seit über 30 Jahren eingesetzt wird, beruht der Nachweis auf einer chemischen Reaktion: H2O2 verfärbt das mit Guajak imprägnierte Filterpapier blau, wenn die Stuhlprobe Hämoglobin enthält. Durch ein Screening mit dem guajakbasierten Test kann nachweislich die Inzidenz und die Mortalität von kolorektalen Karzinomen gesenkt werden.

Guajak-Test entdeckt bloß jedes fünfte Adenom

Trotzdem fordern Experten jetzt die Ablösung des herkömmlichen Tests. Grund ist vor allem seine mangelnde Sensitivität. "

Der Test entdeckt etwa 30 bis 40 Prozent aller Karzinome und 10 bis 20 Prozent aller fortgeschrittenen Adenome - und das ist zu wenig", kritisiert Dr. Gerhard Brenner, Mitglied des Vorstandes der Darmkrebs-Stiftung LebensBlicke im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Ein weiteres Problem ist die Störanfälligkeit des Tests durch Nahrungsmittel.

Auch die Verfasser der europäischen Leitlinie zur Qualitätssicherung beim Darmkrebs-Screening konstatieren: "Die guajakbasierten Tests gehören in einem modernen bevölkerungsbezogenen Screening-Programm nicht zu den bevorzugten Tests."

Als "Mittel der Wahl" empfehlen sie stattdessen die immunologischen Stuhltests auf okkultes Blut. Diese Tests weisen mithilfe von spezifischen Antikörpern ausschließlich humanes Hämoglobin oder den (stabileren) humanen HämoglobinHaptoglobin-Komplex nach.

Deswegen müssen die Patienten vor dem Test auch nicht auf Fleisch und Wurst verzichten. Und wichtiger noch: Die Detektionsraten sowohl von fortgeschrittenen Adenomen als auch von kolorektalen Karzinomen sind laut Brenner ungefähr doppelt so hoch wie mit dem Guajak-Test.

Die Stiftung LebensBlicke setzt sich deshalb dafür ein, "den besseren Test", so Brenner, auch den gesetzlich Versicherten als Kassenleistung zugänglich zu machen.

Große Unterschiede bei den immunologischen Tests

Die in Deutschland verfügbaren immunologischen Okkultbluttests unterscheiden sich allerdings deutlich in ihren Eigenschaften. So hat hohe Sensitivität häufig den Nachteil einer geringeren Spezifität, also der Fähigkeit, Gesunde als solche zu erkennen.

Eine niedrige Spezifität sorgt für viele falsch positive Befunde und damit auch für unnötige Koloskopien. Daher wird im Nationalen Krebsplan und voraussichtlich auch in der neuen S3-Leitlinie gefordert, dass die Spezifität eines immunologischen Tests mit der des Guajak-Tests vergleichbar sein, also bei rund 90 Prozent liegen sollte.

"Hier sehen wir jetzt die Kassenärztliche Bundesvereinigung in der Pflicht, dass sie einen Kriterienkatalog entwickelt", sagte Brenner.

Die Stiftung hat mit der Deutschen Krebsgesellschaft einen Arbeitsausschuss gegründet, der die KBV darin unterstützen will. Und wann ist mit einer Zulassung von immunologischen Tests für gesetzlich Versicherte zu rechnen? "Spätestens, wenn die neue S3-Leitlinie da ist, muss sich der G-BA bewegen", vermutet Brenner.

So lange können die immunologischen Stuhltests auf Okkultblut nur als IGeL angeboten werden (GOÄ- Ziffer 3747). Ärzte sollten ihre Patienten aufklären, so Brenner, dass die Chance, eine Blutungsquelle zu entdecken, mit diesen Tests besser ist als mit dem Kassentest. Um die Zahl falsch positiver Ergebnisse zu senken, sollten aber nur Tests mit hoher Spezifität verwendet werden.

Quelle: www.springermedizin.de

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