HINTERGRUND

Mammographie mit MRT gibt wertvolle Zusatzinfos - vor und nach Op und bei Frauen mit hohem Risiko

Von Dr. Ronny Teutscher Veröffentlicht:

In den vergangenen Jahren hat sich die Mammographie mit Magnetresonanz-Tomographie (MRT) als zusätzliches bildgebendes Verfahren in der Mammadiagnostik etabliert.

"Mit der MR-Mammographie halten wir eine hochsensitive Untersuchungsmethode in Händen. Sie kann mittels Kontrastmittelapplikation hervorragende Ergebnisse, etwa für das Staging bei invasivem Brustkrebs, bringen," sagt Professor Thomas Helbich von der Abteilung für Radiodiagnostik der Universität Wien.

Ihr Vorteil ist die hohe Sensitivität von über 99 Prozent für den Nachweis invasiver Mammakarzinome. Heute können verdächtige Veränderungen in der weiblichen Brust bereits ab einem Durchmesser von 3 bis 4 mm sichtbar gemacht werden.

Dennoch müsse diese Methode streng indikationsbezogen eingesetzt werden. Denn die Spezifität ist nur mäßig; je nach Literatur wird sie zwischen 70 und 90 Prozent angegeben. Es ist daher kein absolut sicheres Untersuchungsverfahren, wenn es um die Frage benigne oder maligne geht. Helbich: "Wenn es um diese Differenzierung geht, ist es vernünftiger und auch kostengünstiger, die verdächtigen Läsionen mittels Nadelbiopsie abzuklären."

Mit MRT kann zwischen Narbe und Rezidiv differenziert werden

Die MRT ist Methode der Wahl bei Prothesenkomplikationen, eine mögliche Ruptur läßt sich gut erkennen. Auch die postoperative Gewebsdifferenzierung zwischen einem Tumorrezidiv und Narbengewebe ist mit diesem Verfahren gut möglich.

Eine weitere wichtige Indikation ist die Aufspürung okkulter Malignome: Bei erhöhten Tumormarkern, befallenen Lymphknoten oder Fernmetastasen kann mittels MRT ein Primärtumor in der Brust gesucht werden.

In wissenschaftlichen Publikationen wird zudem der Stellenwert der Methode bei Risikopatientinnen mit positiver Familienanamnese betont, etwa bei familiär frühzeitig aufgetretenem Mammakarzinom. Mit MRT können auch kleine Tumore bereits früh erkannt werden.

Einen weiteren Anwendungsbereich sieht Helbich im präoperativen Staging, "eine in Österreich - im Gegensatz zu Deutschland - leider sehr stiefmütterlich durchgeführte Sache." Die Suche nach einem möglichen bilateralen Karzinom oder einem zweiten Herd auf derselben Seite sollte bereits vor einem chirurgischen Eingriff erfolgen.

Eine Mammographie als erste Untersuchung ist meist sinnvoll

Grenzen hat die Methode bei der Entdeckung von intraduktalen Tumoren und in der Differenzierung inflammatorischer Veränderungen. Auch unklare Palpationsbefunde sollten primär nicht in der MRT abgeklärt werden, wie Helbich erklärt. Eine vorherige Mammographie sei in der Praxis üblich und auch sinnvoll.

Aufgrund der hohen Genauigkeit auf der einen und der mangelnden Spezifität auf der anderen Seite ist die MR-Mammographie vor allem eine Option für Risikopatientinnen.

Trotz fortschreitender technischer Entwicklung ist die Skepsis von Kollegen aus Chirurgie und Gynäkologie, ob sich mit MRT ohne Biopsie sichere Aussagen machen lassen, mitunter noch groß. Helbich fordert mehr Vertrauen ein: "Die radiologischen Techniken zur Untersuchung der Brust werden immer besser. Wenn die Kriterien akkurat angewendet werden und die Läsion gutartig erscheint, so kann, gerade bei palpablen Befunden, allein durch die Bildgebung eine Verlaufskontrolle gemacht werden. Die Entartungsrate ist äußerst gering."

Präoperatives Staging kann Rate unnötiger Op reduzieren

Nach Daten des Österreichisches Bundes-Institut für Gesundheitswesen (ÖBIG) erfolgt fast die Hälfte aller Mamma-Operationen bei benignen Tumoren. In Schweden, wo dem präoperativen Staging mehr Bedeutung zugemessen wird, ist dieser Prozentsatz weitaus geringer. Bereits vor der Operation kann oft radiologisch eine Aussage getroffen werden, ob ein Befund maligne oder benigne ist. Das Vertrauen in den jeweiligen Radiologen spielt dabei eine große Rolle.

Ist eine Biopsie erforderlich, empfiehlt Helbich die Nadelbiopsie unter Sicht: "Es ist ein minimal-invasiver Eingriff, der ambulant gemacht werden kann. Dieser Eingriff hat eine Genauigkeit von über 99 Prozent." Der Radiologe sieht sowohl die Position des zu untersuchenden Gewebes als auch die seiner Nadel.

Allerdings: Derzeit sei es nicht möglich, Veränderungen mit einem Durchmesser von weniger als 10 mm auf diese Weise zu untersuchen, so Helbich. Das liegt daran, daß es durch den Eingriff selbst zu Verformungen des Gewebes kommen kann.

Zukünftig soll die MRT auch in der Therapie bösartiger Brusterkrankungen angewendet werden. So kann unter MRT-Bildgebung eine spezielle Sonde in die Brust geschoben werden, die den Tumor einfriert und absterben läßt.

Der Artikel erschien erstmals in der österreichischen Zeitung "Ärzte Woche" am 5. Mai 2005 auf Seite 34

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