Therapie, die gezielt die Entzündung bremst

Biologicals greifen gezielt in Entzündungsprozesse ein. Bisher werden sie bei M. Crohn und Colitis ulcerosa als Ultima Ratio angewandt. Doch gibt es erste Hinweise, dass eine frühzeitige Behandlung mit diesen Medikamenten den Krankheitsverlauf langfristig bessert.

Veröffentlicht:
Bauchschmerzen bei chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten: Biologicals dämmen die Entzündung. © Gabriel Blaj / fotolia.com

Bauchschmerzen bei chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten: Biologicals dämmen die Entzündung. © Gabriel Blaj / fotolia.com

© Gabriel Blaj / fotolia.com

BERLIN (eb). Neue Medikamente haben die Behandlung bei chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten (CED), aber auch bei Rheuma deutlich verbessert. Biologicals greifen gezielt in Entzündungsprozesse des Körpers ein. Zusammen mit der konventionellen Therapie, die sich auf Steroide und Immunsuppressiva stützt, ermöglichen sie es, die Beschwerden der Patienten deutlich zu mindern.

Beispiel CED: Herkömmliche Arzneimittel lindern hier - wie bekannt - zwar die Symptome deutlich; eine Heilung ist damit aber bisher nicht möglich. Steroide zum Beispiel können einen Schub durchbrechen; Immunsuppressiva verlängern die symptomfreien Phasen, indem sie die körpereigenen Abwehrprozesse unterdrücken.

Immunsuppressiva senken Op-Rate bei M. Crohn kaum

"Allerdings können wir mit diesen Medikamenten langfristige Komplikationen nur begrenzt vermeiden", sagte Professor Martin Zeitz von der Charité-Universitätsmedizin Berlin bei einer Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Berlin vorab zum Internistenkongress in Wiesbaden. "So haben neue Immunsuppressiva bei Patienten mit Morbus Crohn die Notwendigkeit von Operationen kaum gesenkt."

Hilfe erhofft man sich von den seit etwa zehn Jahren verwendeten Biologicals, die gezielt in die entzündlichen Vorgänge eingreifen. Bei vielen Patienten dämmen sie rasch die Entzündungsreaktion ein und verlängern die schubfreien Phasen.

Die Forschung entwickelt Biologicals ständig weiter, prüft aber auch die unerwünschten Effekte dieser Arzneien. Denn unter anderem machen Biologicals die Patienten anfälliger für Infektionen. "Aber dieses Risiko ist nicht höher als bei der herkömmlichen Therapie mit Kortikosteroiden oder Immunsuppressiva", sagte Zeitz. "Derzeit können wir leider noch nicht ausschließen, dass die neuen Wirkstoffe die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Tumoren erhöhen", ergänzte der Gastroenterologe. Das Krebsrisiko scheint durch die Therapie insgesamt allerdings nicht wesentlich erhöht zu sein.

Derzeit empfehlen die Leitlinien zur Therapie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ein abgestuftes Vorgehen: zunächst Steroide, dann Immunsuppressiva und schließlich Biologicals. Es gebe zwar erste Hinweise darauf, dass eine frühzeitige intensive Behandlung den Krankheitsverlauf langfristig bessern kann, berichtete Zeitz. Wegen der unzureichenden Datenlage sei diese Strategie bislang jedoch nicht zu empfehlen.

Die individuelle Therapie ist ein Hoffnungsträger

Stattdessen sollten Ärzte mit einer individuell angepassten Therapie versuchen, die Krankheitsaktivität auf ein Minimum zu senken.

"Die veränderten Verläufe dieser Krankheiten, aber auch der rheumatoiden Arthritis machen deutlich, dass auf dem Gebiet der Entzündungsmedizin starke Veränderungen stattfinden", unterstreicht Professor Jürgen Schölmerich von der Universitätsklinik in Regensburg, Vorsitzender der DGIM und des 116. Internistenkongresses. "Durch das immer bessere Verständnis der Entstehung entwickeln sich auch die therapeutischen Ansätze rasant."

Chronische Entzündungen sind ein Thema des 116. Internistenkongresses; Infos zum Kongress: www.dgim2010.de

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.

Weizen und Gluten entstigmatisieren

Reizdarmsyndrom: Ist die Glutensensitivität ein Nocebo-Phänomen?

Kolektomie

Chirurgie bei CED: Ist die Segmentresektion eine Option?

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

© Oleh / stock.adobe.com

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kasuistik

Die stille Last der Acne inversa

Lesetipps
CT des Abdomens, portalvenöse Phase

© Universitätsklinikum Regensburg/Claudia Wolf

Kasuistik

Welche seltene Differenzialdiagnose steckte hinter dem vermuteten Aszites?