Neue Prävalenzzahlen

Mit welchen Krankheiten Erektile Dysfunktion zusammenhängt

Eine Studie hat hohe ED-Prävalenzzahlen zutage gefördert. Erstaunlich: Wie häufig Jüngere von Erektionsstörungen betroffen und welche Krankheiten assoziiert sind. Ärzte können daraus etwas lernen.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
In Studien betrug die ED-Prävalenz bei Männern unter 40 bis zu 46 Prozent. (Symbolbild mit Fotomodellen)

In Studien betrug die ED-Prävalenz bei Männern unter 40 bis zu 46 Prozent. (Symbolbild mit Fotomodellen)

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Erektile Dysfunktion (ED) ist für Männer nicht nur eine Krankheit, sondern zudem eine Kränkung. Gern spricht kein Betroffener über seine Probleme. In den entscheidenden Momenten ist das auch gar nicht nötig, weil die Schwierigkeit ja offen zutage liegt.

Das Schweigen führt allerdings dazu, dass es recht schwankende Angaben dazu gibt, wie häufig ED allgemein und in den einzelnen Altersgruppen tatsächlich ist. Anna Kessler vom Londoner King’s College hat sich zusammen mit Kollegen über 40 Studien zu ED aus allen Teilen der Welt angesehen (BJU Int 2019; online 2. Juli).

Die Forscher stießen auf enorme Schwankungen der ED-Prävalenz zwischen 3 Prozent und 77 Prozent. Für Europa lagen die Prävalenzen von ED zwischen 17 Prozent und 65 Prozent.

Dabei kam es auf die Definition der erektilen Dysfunktion an und darauf, ob die Männer nach ihrer eigenen Ansicht gefragt wurden oder anhand eines standardisierten Fragebogeninstruments Auskunft gaben. Nahm man alle Fragebogenstudien zusammen – also Studien, in denen etwa der International Index of Erectile Function 5 (IIEF-5) verwendet wurde – betrug die Prävalenz von ED beliebiger Schwere 26 Prozent. Laut Selbsteinschätzung hätte die Prävalenz bei 13 Prozent gelegen.

Teils strenge Kriterien

Manche der Fragebogeninstrumente waren indes relativ streng. Wer zum Beispiel in der Massachusetts Male Aging Study nicht bestätigen konnte, dass er immer eine für den Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion bekomme und halten könne, galt bereits als mindestens minimal impotent. Allerdings korreliert dieser Test, der aus einer Frage und vier möglichen Antworten besteht, relativ gut mit dem IIEF-5.

ED und das Risiko für andere Krankheiten

  • Die kardiovaskuläre Sterblichkeit von Männern mit ED war über zwölf Jahre Beobachtungszeit hinweg um 43 Prozent erhöht.
  • Die Gesamtmortalität war 26 Prozent höher.
  • Die Wahrscheinlichkeit für eine BPH lag bei ED bis zu sechsmal so hoch wie ohne Erektionsstörung.

Derlei Methodik erklärt dann vielleicht auch teilweise die hohe ED-Prävalenz selbst bei Männern unter 40. Sie betrug in den ausgewerteten Studien bis zu 46 Prozent. Kessler und ihre Mitarbeiter vermuten, dass psychische Faktoren wie Ängste, speziell Versagensangst, Unerfahrenheit oder Arbeitsstress zu diesen hohen Anteilen beitragen könnten.

Die Forscher beschäftigten sich auch mit diversen Assoziationen der ED mit anderen Erkrankungen, zum Beispiel mit kardiovaskulären Störungen oder benigner Prostatahyperplasie. Dabei bestätigten sich die bekannten Zusammenhänge.

Die kardiovaskuläre Sterblichkeit von Männern mit ED war über zwölf Jahre Beobachtungszeit hinweg um 43 Prozent erhöht, die Gesamtmortalität um 26 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit für eine BPH lag bei ED bis zu sechsmal so hoch wie ohne Erektionsstörung.

Risiko für Demenz ist erhöht

Interessanter war der Zusammenhang zwischen ED und Demenz. Dazu existieren nicht viele Studien, das Team um Kessler fand nur eine einzige. Es handelte sich um eine Kohortenstudie, an der gut 4000 Männer mit ED und knapp 21 000 Kontrollen beteiligt waren.

Im Lauf von sieben Jahren entwickelten 2,5 Prozent der Männer mit ED und 1,5 Prozent der Kontrollpersonen eine Demenz. Das Risiko für Männer mit ED war um 68 Prozent erhöht.

Kessler und ihr Team warnen davor, ED einfach als Konsequenz des physiologischen Alterns anzusehen. Gestörte Erektion sei ebenso wohl Symptom pathologischer Prozesse wie eben kardiovaskulärer Erkrankungen, von BPH oder Demenz.

Bei jungen Männern stünden vermutlich psychologische Ursachen im Vordergrund. Ärzte sollten jedenfalls gezielt nach ED fragen und nicht erwarten, die Patienten würden ihre Probleme von sich aus ansprechen.

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