Bakteriämie

Risikofaktor Nummer eins ist der Venenkatheter

Wie verläuft eine Bakteriämie mit S. aureus in Deutschland, Spanien, Großbritannien oder den USA? Wie stark ist der Einfluss der Risikofaktoren auf die Mortalität? Diesen Fragen gingen Wissenschaftler der Universität Köln nach.

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Potenzielles Einfallstor für S. aureus: Venenverweilkatheter.

Potenzielles Einfallstor für S. aureus: Venenverweilkatheter.

© BVMed-Bilderpool

KÖLN. Quelle einer Bakteriämie mit Staphylococcus aureus ist in den meisten Fällen ein besiedelter Venenkatheter. Das höchste Mortalitätsrisiko haben einer deutschen Studie zufolge Patienten, bei denen die Bakteriämie von einer Pneumonie ausgeht, sowie diejenigen, deren Infektionsherd nicht identifiziert werden kann.

Achim Kaasch vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene der Universität Köln und Kollegen gingen der Frage nach, welche Faktoren Einfluss auf den Verlauf einer Bakteriämie mit Staphylococcus (S.) aureus in verschiedenen Ländern nehmen.

Hierzu diente eine gepoolte Analyse mit 3395 konsekutiven Patienten im Erwachsenenalter, die wegen einer S.-aureus-Bakteriämie behandelt worden waren (J Infect 2014; 68: 242-251).

Die Probanden waren zwischen 2006 und 2011 in fünf prospektive Studien (INSTINCT, ES1, ES2, UKCIRG, SABG) eingeschlossen worden, die sich über 20 Zentren der Tertiärversorgung in Deutschland, Spanien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten erstreckte. Die Patienten hatten mindestens eine S.-aureus-positive Blutkultur sowie klinische Symptome einer Infektion.

Große Unterschiede zwischen den Therapiezentren

Die Teilnehmer waren im Mittel 64 Jahre alt. Jeder Vierte der infizierten Patienten waren Diabetiker, durchschnittlich jede fünfte Infektion war durch einen methicillinresistenten S. aureus (MRSA) ausgelöst. Am niedrigsten war diese Quote in der deutschen Studie (12 Prozent), am höchsten in der amerikanischen (54,7 Prozent).

Durchschnittlich 40,7 Prozent der Infektionen waren nosokomial erworben. Auch hier ergab reichte die Spanne von 20,4 Prozent in der US-Studie bis 56,5 Prozent in einer der beiden spanischen Untersuchungen. Auch bei den Hauptrisikofaktoren der Bakteriämie - intravenöse Medikation bzw. Diabetes mellitus - zeigten sich große Unterschiede.

Als häufigste Infektionsquelle wurden insgesamt zentrale oder periphere Venenkatheter identifiziert (18,8 beziehungsweise neun Prozent). Bei 14,8 Prozent wurden Haut- oder Weichgewebeinfektionen, bei 8,3 Prozent eine Endokarditis als Ursache der Bakteriämie diagnostiziert. Bei 3,7 bis 12,8 Prozent war eine Pneumonie der Ausgangspunkt und bei 7,1 bis 16,4 Prozent eine osteoartikuläre Infektion. Bei immerhin 18,9 Prozent der Patienten aus den fünf Studien konnte der Infektionsherd nicht identifiziert werden.

Auch die Mortalitätsraten waren sehr unterschiedlich (90 Tage: 22,2 Prozent in den USA bis 39,9 Prozent in einer der spanischen Studien). Die durchschnittliche Gesamtsterblichkeit stieg von 9,4 Prozent (sieben Tage nach der ersten positiven Blutkultur) bis auf 29,2 Prozent nach 90 Tagen an.

Als unabhängige Risikofaktoren für die Sterblichkeit ergaben sich in der adjustierten Analyse zu allen Zeitpunkten: Alter, Endokarditis, Pneumonie sowie ein nicht identifizierter Infektionsherd. Dabei hatte die Pneumonie das stärkste Gewicht. Bei Diabetikern dagegen war der Verlauf nicht wesentlich anders als bei Nichtdiabetikern.

Einige demografische und klinische Merkmale von Patienten mit S.-aureus-Bakteriämie, wie etwa der Anteil der Patienten mit Diabetes, MRSA oder nosokomialen Infektionen, variieren zwischen den verschiedenen Behandlungszentren signifikant.

Achim Kaasch und Kollegen meinen, durch eine beharrliche MRSA-Kontrolle und die möglichst frühe Identifizierung des Infektionsherdes könnten die Mortalitätsraten weiter gesenkt werden. Künftige prospektive Studien sollten die Gründe für den unterschiedlichen Verlauf der Bakteriämien zwischen den Therapiezentren klären. (St)

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