BSG-Urteil
Schneller Rollstuhl ist kein Grundbedürfnis
KASSEL. Rollstuhlfahren schneller als Schrittgeschwindigkeit gehört nicht zu den Grundbedürfnissen. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen daher nicht für Vorsätze aufkommen, die Geschwindigkeiten bis zu 14 Stundenkilometern ermöglichen, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Es lehnte damit die Aufnahme eines entsprechenden Einhängefahrrads in das Hilfsmittelverzeichnis ab.
Das Handbike "Speedy Duo 2" wird vor den Rollstuhl gespannt. Der Rollstuhlfahrer kann es mit einer Handkurbel antreiben aber auch einen Elektromotor zuschalten. Mit diesem werden dann, je nach Ausführung, Geschwindigkeiten von zehn oder 14 Stundenkilometern erreicht.
Ohne Erfolg hatte die Herstellerin eine Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis beantragt. "Radfahren" gehöre nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens, so der GKV-Spitzenverband. Das BSG stellte nun zwar klar, dass ein Hilfsmittel auch dann in das Verzeichnis aufgenommen werden kann, wenn es eine Erschließung des Umfelds über den Nahbereich hinaus ermöglicht.
Maßgeblich sei, ob es für den Nahbereich erforderlich ist. Aufgrund seiner motorunterstützten Leistungsfähigkeit" gehe das "Speedy Duo 2" aber über das im Nahbereich Erforderliche hinaus. "Ein Grundbedürfnis von Leistungsberechtigten, sich den Nahbereich schneller als in Schrittgeschwindigkeit nichtbehinderter Menschen zu erschließen, ist nicht ersichtlich.", erklärten die Kasseler Richter.
Das BSG wies aber darauf hin, dass Behinderte laut Sozialgesetzbuch dennoch ein solches Hilfsmittel wählen können, wenn sie die höheren Anschaffungs- und Folgekosten selbst tragen. Eine Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis sei hierfür nicht erforderlich.(mwo)
Bundessozialgericht Kassel,
Aktenzeichen: B 3 KR 3/16 R