HINTERGRUND

Chat mit dem Therapeuten gegen Beziehungsprobleme und Sex-Frust

Von Heidi Niemann Veröffentlicht:

Wer eine Therapie macht, sitzt seinem Therapeuten von Angesicht zu Angesicht gegenüber, um im direkten Gespräch seine Probleme zu erörtern. Psychologen der Universität Göttingen bieten jetzt einen anderen Weg an: Paare, die sich in einer Krise befinden, können eine Paartherapie am heimischen Computer machen.

Die Internet-Beratung "theratalk" sei die weltweit erste Paartherapie mit einem speziell für die Online-Behandlung von Paaren entwickelten und wissenschaftlich getesteten Konzept, sagen die Psychologen Ragnar Beer und Peter Breuer vom Institut für Psychologie der Uni.

Täglicher Online-Kontakt zum Therapeuten

Die Psychologen haben in mehrjähriger Arbeit ein Behandlungskonzept entwickelt, das auf die besonderen Bedingungen einer Kommunikation im Netz zugeschnitten ist. Anders als bei einer konventionellen Paartherapie, bei der man sich in der Regel einmal wöchentlich zu einer Sitzung trifft, gibt es hierbei einen täglichen Online-Kontakt zum Therapeuten.

"Die Teilnehmer bekommen dann nach jeder Nachricht im verschlüsselten Chat jeweils innerhalb von 24 Stunden eine Reaktion des Therapeuten", erklärt Breuer. Das Verfahren habe den Vorteil, daß die Teilnehmer keine langen Anfahrtswege zum Therapeuten hätten und es auch keine zeitlichen Koordinationsprobleme und Terminschwierigkeiten gebe. Jeder könne sich dann äußern, wenn er gerade Zeit habe. Die Teilnehmer agieren bei dem Online-Kontakt jeweils unter einem Pseudonym, damit der Datenschutz gewahrt ist.

In einer Pilotstudie mit 42 Paaren haben die Göttinger Psychologen die Wirksamkeit dieser Behandlungsart überprüft. Die Hälfte von ihnen wurden nach der verhaltenstherapeutischen Kurzzeit-Paartherapie behandelt, die aus vier wöchentlichen Sitzungen mit direktem Kontakt zum Therapeuten bestand. Die anderen wurden mit einer Internet-basierten Version dieses Verfahrens behandelt, bei der es sechs Wochen lang an jedem Werktag einen kurzen Online-Therapeuten-Kontakt gab.

Eine Auswertung ergab, daß beide Verfahren ähnlich wirksam waren. Über 90 Prozent der Paare habe man helfen können, sagt Breuer. Die Online-Therapie habe sogar eine etwas höhere Erfolgsquote gezeigt. Bei der Befragung zeigte sich, daß die Paare vor allem die zeitliche Unabhängigkeit und die Möglichkeit schätzten, über die jeweils angesprochenen Fragen erst einmal nachdenken zu können.

Bedenken, daß man bei einer Online-Therapie nicht zu den wesentlichen Problempunkten komme, hätten sich nicht bestätigt. Das Gegenteil sei der Fall, sagen die Göttinger Psychologen. So habe beispielsweise eine Patientin geäußert: "Bestimmte Hemmungen und Vorbehalte fallen eher weg, und man äußert sich frei von der Leber weg."

Auch gegen Frust im Bett soll die Internet-Beratung helfen. Die Göttinger Psychologen haben dazu einen Online-Partnerschaftstest entwickelt. Vielen Paaren falle es schwer, über sexuelle Wünsche miteinander ins Gespräch zu kommen. Für die "Mini-Therapie" füllen die Partner jeweils einen umfangreichen Fragebogen aus. Eine geschickte Zusammenführung der Antworten beider Partner soll es ermöglichen, sexuelle Wünsche herauszufinden, die leicht zu erfüllen sind.

Eine Studie mit über 100 Teilnehmern habe ergeben, daß über 60 Prozent den Test nützlich für ihr Sexualleben fanden und hinterher sexuell zufriedener waren. Auch die Kommunikation habe sich dadurch deutlich verbessert. Für den kostenlosen Partnerschaftstest sind weder eine Anmeldung noch eine spezielle Software nötig. Die Paartherapie kostet pro Person wöchentlich 50 Euro.

Weitere Informationen unter www.theratalk.de.

Online-Tests zur Zufriedenheit in der Partnerschaft

Die Internet-Beratung "theratalk" des Instituts für Psychologie der Universität Göttingen bietet auch Partnerschaftstests an. Zum Beispiel den Partnerschaftstest nach einem Seitensprung für die, die sich betrogen und verletzt fühlen, nachdem der Partner fremdgegangen ist. Die Bearbeitungszeit beträgt etwa 30 Minuten.

Nur etwa zwölf Minuten dauert es, den Fragebogen auszufüllen, mit dem man Zufriedenheit und Kommunikation in der Partnerschaft testen kann. Außer einem Vergleich mit anderen Paaren bekommt man eine Auswertung über Stärken und Wachstumsbereiche der Partnerschaft sowie über mögliche Probleme in der Kommunikation.

Alle diese Tests seien "auf der Basis langjähriger wissenschaftlicher Forschung entstanden", wird auf der Website versichert. "Darin unterscheiden sie sich von anderen frei zugänglichen Partnerschaftstests." Die Online-Tests werden auch in der Paartherapie oder in der Eheberatung verwendet. Die Benutzung der Online-Partnerschaftstests ist kostenlos und sei auch für Therapeuten, Berater und Seelsorger geeignet. (eb)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

10 Fragen, 10 Antworten

Ausgeschlafen trotz Schichtdienst: Wie das klappen kann

Berufsbedingte Schäden

Wenn Musikmachen Muskeln, Sehnen und Gelenke krank macht

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Sollte bei Brustkrebs gegen COVID-19 geimpft werden?

Digitale Gesundheitsanwendungen

Regulierungen machen es den DiGA schwer

Müdigkeit, Schwäche, erhöhtes TSH

Fehldiagnose Hypothyreose bringt Frau in Lebensgefahr

Lesetipps
Eine ältere Frau hält sich die Hand an den Kopf.

© pictworks / stock.adobe.com

Kopfschmerzen

Migräne: Welche Therapie bei älteren Patienten möglich ist