Die Äskulap-Natter ist vom Aussterben bedroht
SCHLANGENBAD (dpa). Die Sonne scheint auf den Waldweg. Eine Libelle schwirrt, sonst ist kein Tier in Sicht. Außer für Ina Groß: Der Schimmer zwischen den Grashalmen am Fuß der Eiche verrät ihr genug. Ein Griff, ein Rascheln, und die Biologin zieht eine Art moosgrünen Gartenschlauch ans Tageslicht, der sich heftig windet, züngelt und zischt: "Das ist die 120."
"Die 120" ist ein stattliches männliches Exemplar der Äskulap-Natter, der größten in Deutschland lebenden Schlangenart und das Symboltier der Ärzte und Apotheker. Ausgestreckt kann sie es auf die Körperlänge eines Erwachsenen bringen. Der zierliche Kopf der Natter fährt hierhin und dorthin, ihr Körper legt sich geschmeidig in immer neue Schleifen, die Zunge sucht nach Duftspuren für das am Gaumen sitzende Riechorgan. "Sie ist manchmal ein bisschen garstig", sagt Ina Groß
Wie die meisten Nattern, hat die Schlange keine Giftzähne, und ihr Gebiss ist ohnehin nur dafür ausgelegt, die Beute zu packen, statt sie zu zerreißen. Eine Biologin weiß das; Ina Groß verzieht nur kurz das Gesicht und notiert - immer noch die Schlange haltend - Wetterlage, Datum, Uhrzeit und Ort ihres Fangs. Über 200 Äskulap-Nattern hat die Biologin in den vergangenen Jahren aufgespürt, vermessen, gewogen und mit einem Knipser in die Bauchschuppen markiert.
Sie arbeitet an einer Erfassung der Äskulap-Natter in ihrem größten und nördlichsten mitteleuropäischen Verbreitungsgebiet, das sich an den Taunushängen hinter der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden erstreckt.
In Südeuropa weit verbreitet, hat die Äskulap-Natter in Deutschland nur an vier isolierten Stellen überlebt. Außer im Taunus findet sie sich am Südrand des Odenwalds bei Heidelberg, im Donautal südöstlich von Passau und in der Nähe von Burghausen (Bayern).
Trotz Treibhauseffekts und Klimaerwärmung ist die wärmeliebende Schlange inzwischen auch dort bedroht und steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten, die vom Aussterben bedroht sind. Naturschützer wie Groß und die hessische Arbeitsgemeinschaft für Amphibien- und Reptilienschutz (AGAR) bemühen sich daher seit Jahren um die harmlosen Tiere. Sie erforschen ihre Lebensgewohnheiten und versuchen ihnen Schutzräume einzurichten.