Selbsthilfe: Eine Chance auch für Jugendliche

Jugendliche sind oft skeptisch beim Thema Selbsthilfe. Eine Website und Informationsmaterial soll jetzt jungen Menschen die Scheu vor Selbsthilfegruppen nehmen.

Von Ina Harloff Veröffentlicht:
Eine Internetseite soll junge Menschen auf die Möglichkeiten der Selbsthilfe aufmerksam machen.

Eine Internetseite soll junge Menschen auf die Möglichkeiten der Selbsthilfe aufmerksam machen.

© ill

BERLIN. Selbsthilfe ist eher was für ältere Menschen. Die treffen sich einmal die Woche, um über ihre Krankheit zu reden. Solche und andere Klischees seien mit dem Thema Selbsthilfe verknüpft, sagt Miriam Walther von der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS). Diese Klischees machten es jedoch nicht leichter, auch junge Leute zu motivieren, die Möglichkeiten der Selbsthilfe zu nutzen.

Darum hat NAKOS im Januar 2009 das vom Bundesfamilienministerium für ein Jahr geförderte Projekt "Junge Menschen in der Selbsthilfe - Junge Menschen in die Selbsthilfe" ins Leben gerufen. Das Projekt hat sich vor allem darauf fokussiert, valide Informationen zu dem Thema zu sammeln und sie in Informationsbroschüren, Postkarten und Plakaten sowie auf einer Website für die Zielgruppe selbst aufzuarbeiten.

"Als wir zu Beginn des Projekts nach Forschungsmaterial speziell zur Selbsthilfe für junge Leute suchten, haben wir so gut wie gar nichts dazu gefunden", sagt Walther. "Darum haben wir in vier Expertisen Voraussetzungen und Strategien für eine erfolgreiche Motivation junger Leute zur Selbsthilfe beleuchtet". Den Projektverantwortlichen sei klar gewesen, dass hier zwingender Handlungsbedarf bestehe.

Das zeige sich zum Beispiel bei vielen Sucht-Selbsthilfeverbänden, die nur ganz schwer Jugendliche und junge Erwachsene erreichten. "Deshalb sollten die jungen Leute so früh wie möglich, am besten schon in der Schule, an das Thema herangeführt werden", meint Walther. "Wenn jemand zum Beispiel schon in der Kindheit an Rheuma erkrankt ist, hat er mit 20 Jahren andere Bedürfnisse als Gleichaltrige. Er hat aber auch andere Bedürfnisse als ein 60-jähriger Rheumapatient", erläutert Walther das Problem.

Selbsthilfe könne laut Walther beispielsweise eine Form annehmen, bei der die Krankheit gar nicht so sehr im Mittelpunkt stünde. Wo junge Leute mit den gleichen krankheitsbedingten Problemen einfach gemeinsam Dinge unternehmen könnten, ohne sich zum Beispiel dafür rechtfertigen zu müssen, dass sie so schnell müde werden.

Gleichzeitig hätten sie jedoch auch immer die Möglichkeit, sich über ihre Krankheit auszutauschen. "Dabei wollen junge Menschen selten ausschließlich über ihre Krankheit reden, sondern vor allem darüber, was diese Krankheit für ihren jeweiligen Lebenskontext bedeutet", so Walther. Wie können sie es zum Beispiel schaffen, sich von zu Hause abzunabeln und trotz Krankheit ein selbstbestimmtes Leben zu führen?

NAKOS hofft jetzt, vor allem mit der Internetseite www.schon-mal-an-selbsthilfegruppen-gedacht.de, aber auch mit anderen Informations- und Werbematerialien auf die Chancen der Selbsthilfe aufmerksam zu machen und jungen Menschen die Scheu davor zu nehmen. Die Seite sei darum auch so konzipiert, dass sie sich zu einer größeren Plattform für Betroffene und Institutionen entwickeln könne.

Auch Ärzte könnten einen entscheidenden Beitrag leisten, meint Walther. Zu ihnen kämen die Betroffenen früher oder später. "Aber auch Ärzte müssen sich wahrscheinlich erst einmal an den Gedanken gewöhnen, dass Selbsthilfe auch für junge Leute eine sehr wichtige und hilfreiche Möglichkeit sein kann", sagt sie.

Werbematerialien für Arztpraxen können bei NAKOS kostenfrei bestellt werden. Kontakt: jungeseite@nakos.de

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