Drei Milliarden - und keinen Cent mehr? Kliniken drängen auf einen Zuschlag

BERLIN (fst/dpa/hom). Trotz des massiven Protests von rund 130 000 Klinik-Ärzten und Pflegemitarbeitern zeichnet sich bisher keine Lösung im Streit um Finanzhilfen für Krankenhäuser ab.

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Etwa 130 00 Klinikmitarbeiter machten gestern ihrem Unmut über die unklare Klinikfinanzierung Luft.

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© Fotos: Bauchspieß

Das Bundeskabinett hatte ein Finanzpaket verabschiedet, das den bundesweit 2100 Krankenhäusern mit insgesamt 3,2 Milliarden Euro helfen soll. "Es gibt nicht mehr Geld", hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt nach dem Kabinettsbeschluss erklärt. Teil des Pakets ist auch der Verzicht auf den bisher geltenden Sparbeitrag von 0,5 Prozent der Klinikrechnungen, den die Krankenhäuser bisher leisten müssen.

Gesundheits-Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder sagte bei einem Medizinkongress der Gmünder Ersatzkasse (GEK) in Berlin, das Bundesgesundheitsministerium habe "lange und hart" für eine neue Regelung der Investitionsfinanzierung der Kliniken gekämpft. "Wir erleben seit Jahren eine Erosion der Krankenhausinvestitionen, für die nun einmal die Länder verantwortlich sind."

Protest besser vor den Toren des Bundesrats

Die Krankenhäuser rief Schröder dazu auf, sich stärker dem "Wettbewerb untereinander" zu stellen. Der Bremer Gesundheitsökonom Professor Gerd Glaeske, Mitglied im Sachverständigenrat, sagte, die Klinikmitarbeiter hätten ihre Proteste auch vor die Tür des Bundesrates tragen sollen. Dies bewertet die baden-württembergische Sozialministerin Dr. Monika Stolz (CDU) anders. Sie erteilte Forderungen nach einem Systemwechsel bei der Finanzierung der Krankenhausinvestitionen erneut eine Absage. Nach ihrer Sicht hat die Demonstration gezeigt, "dass die Krankenhäuser sowie ihre Beschäftigten vor allem bei Personal- und Betriebskosten der Schuh drückt".

Trotz der Finanzspritze sind nach Auffassung von Rudolf Henke, Chef des Marburger Bundes, in diesem und im kommenden Jahr Kosten von 3,9 Milliarden Euro nicht gedeckt. Rudolf Kösters, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, bezeichnete das Hilfspaket als eine "Mogelpackung".

Kritik an den Krankenhäusern kam unterdessen von Arbeitgebern und Krankenkassen. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nannte den stationären Sektor eine "weitgehend wettbewerbsfreie Zone". Nach Meinung des GKV-Spitzenverbands gibt es in Deutschland "deutlich mehr Krankenhäuser pro Einwohner als vergleichbare Länder", sagte deren Vizechef Johann-Magnus von Stackelberg.

Er warf der Deutschen Krankenhausgesellschaft mangelnden Mut zur Veränderung vor: "Die Gleichung 'Weniger Krankenhäuser gleich schlechtere Versorgung' ist veraltet und falsch", sagte von Stackelberg. Heftige Kritik übten die Krankenkassen auch an den Ländern: Diese drückten sich seit Jahren "vor ihrer Finanzierungsverantwortung", sagte Ersatzkassenverbands-Chef Thomas Ballast. "Die Zeche müssen jetzt die Beitragszahler zahlen." Das Hilfspaket von 3,2 Milliarden Euro entspreche 0,3 Beitragspunkten in der Gesetzlichen Krankenversicherung.

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