HINTERGRUND

Obamas Konzepte fürs US-Gesundheitswesen - mit vertrauten Problemen aus deutscher Sicht

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr Veröffentlicht:
Will das US-Gesundhetiswesen reformieren: Barack Obama.

Will das US-Gesundhetiswesen reformieren: Barack Obama.

© Foto: Imago

Außenpolitische Akzente will der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama auf seiner Weltreise setzen, die ihn heute nach Deutschland führt. Innenpolitische Themen rücken - zumindest vorübergehend - in den Hintergrund. Wird Obama Präsident, dürfte die Gesundheitsversorgung eines seiner zentralen innenpolitischen Themen werden. Was sind eigentlich die Kernprobleme des US-Gesundheitssystens? Wie will Obama sie lösen? Gibt es vergleichbare Probleme in Deutschland? Wir nehmen einige Schlüsselbereiche unter die Lupe.

  • Krankenversicherung

Das Problem: Mehr als 47 Millionen US-Bürger sind ohne Kranken- versicherung, die Tendenz ist steigend. Millionen Menschen sind darüber hinaus chronisch unterversichert.

Obamas Plan:

Er will zunächst alle Kinder, die bisher keinen Schutz haben, versichern - durch ein erweitertes Angebot an staatlichen Krankenversicherungsplänen. Er will eine Pflichtversicherung für Bürger, die wegen ihres Einkommens keinen Zugang zu Medicaid, der staatlichen Versicherung für sozial Schwache haben und die zugleich nicht über ihren Arbeitgeber versichert sind. Diese sollen verpflichtet werden, Beiträge zu den Prämien ihrer Mitarbeiter oder ins neue staatliche Versicherungsprogramm zu entrichten. Eine allgemeine Pflichtversicherung lehnt Obama ab.

Situation in Deutschland:

Spätestens ab 1. Januar 2009 muss jeder Bürger bei einer gesetzlichen oder bei einer privaten Krankenkasse versichert sein. Private Krankenversicherer müssen dann einen Basistarif anbieten, der den Leistungen der GKV entspricht. Der Problemkomplex "Nichtversicherte" hat in Deutschland allerdings noch nie die Bedeutung gehabt wie in den USA. Zeitweise hat es bei uns geschätzt bis zu 200 000 Menschen ohne Versicherung gegeben.

  • Zugang für chronisch Kranke

Das Problem: Vor allem chronisch Kranke finden in den USA oft keine Krankenversicherung.

Stärkere Restriktionen für Anbieter. Keinem US-Bürger soll der Zugang zu Versicherungsplänen wegen bestehender Krankheit oder Vorerkrankungen verwehrt werden dürfen.

Kontrahierungszwang ab 2009 nicht mehr nur bei den gesetzlichen Kassen. Auch private Krankenversicherer müssen dann einen Basistarif anbieten, der GKV-Leistungen entspricht. Keine Versicherung, weil chronisch krank und damit in Deutschland vollkommen ungeschützt? Das soll es nicht mehr geben.

  • Arzneimittelkosten

Das Problem: Die Kosten für Arzneimittel in den USA steigen.

Neue Regulierungen und Gesetze bei Arzneimittelimporten, staatliche Preisverhandlungen, vor allem mit Blick auf die Versorgung der älteren Bevölkerung

Eine Fülle von Mechanismen, um Anstieg der Arzneimittelkosten zu begrenzen, zum Beispiel Rabattverträge, Festbeträge, Richtgrößenprüfungen.

  • Prävention

Das Problem: Nur vier Prozent der US-Gesundheitsausgaben bleiben für Prävention. Achtzig Prozent der Risikofaktoren, die zum Tod führen, seien verhaltensbedingt, sagen US-Experten. Sie sollen durch Prävention gesteuert werden.

Mehr Geld für Prävention. Mehr Finanzanreize für Leistungserbringer mit Blick auf Prävention. Belohnung für Vorsorgeuntersuchungen.

Politiker sind überzeugt: Viele Volkskrankheiten könnten vermieden werden, würden die Menschen stärker auf ihre Gesundheit achten. Obwohl im Koalitionsvertrag vorgesehen, ist es der großen Koalition bislang aber nicht gelungen, ein Präventionsgesetz auf den Weg zu bringen. Die Gespräche darüber liegen auf Eis.

  • Kosten für Schwerstkranke

Das Problem: Zwei von zehn schwerstkranken Patienten verursachen achtzig Prozent der Versorgungskosten.

Staatlicher Zuschuss für einen Teil dieser kostenintensiven Patienten, um höhere Versicherungsprämien zu vermeiden.

Bislang Risikopool für Betreuung kostenintensiver Patienten zusätzlich zum Risikostrukturausgleich. Dieser Pool wird nach der Einführung des Morbi-RSA nicht mehr benötigt.

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