Menschen mit Behinderung

Barrierefreie Arztpraxis mit Hindernissen

Menschen mit Behinderungen stoßen im Gesundheitssystem auf viele Barrieren. Das können etwa fehlende Rollstuhlrampen auf dem Weg zur Praxis oder fehlendes Verständnis der Mitmenschen sein. Ärzte fordern Politiker zum Handeln auf.

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Barrierefrei?

Barrierefrei?

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BERLIN. Sobald junge, schwer behinderte Menschen 18 Jahre alt werden, droht ihnen der Sturz in ein Versorgungsloch. Darauf haben Vertreter von Bundesärzte- und zahnärztekammer sowie von Kassenärztlicher und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung hingewiesen.

Ein Grund sei, dass die sozialpädiatrischen Zentren dann ihre Zuständigkeit verlören, beklagten Fachleute bei einer gemeinsamen Veranstaltung der vier Standesvertretungen.

Nach jahrelanger Betreuung der Patienten selbst und ihrer Angehörigen folge der Therapiebruch. "Die Kinder erfahren das als Zurücksetzung," sagte BÄK-Vorstand Dr. Christoph von Ascheraden.

Zu solchen traumatischen Erfahrungen kann es auch in der normalen Kinderarztpraxis kommen. Die Ausbildung der Pädiater lasse es nur eingeschränkt zu, junge und behinderte Patienten über das 18. Lebensjahr hinaus zu behandeln, sagte KBV-Vorstand Regina Feldmann.

Der Gesetzgeber sei gefordert, das "apodiktische Beenden von langjährigen Arzt-Patienten-Beziehungen" einzuschränken. Auch Patienten, die gar nicht dazu in der Lage seien, selbst Verantwortung für sich zu übernehmen, seien gezwungen, die pädiatrische Versorgung zu verlassen, sagte von Ascheraden.

Der Gesetzgeber müsse hier gesetzliche Ansprüche schaffen und die starre Grenze um das 18. Lebensjahr herum aufweichen.

Menschen mit Behinderung haben schlechteren Zahnstatus

Die "gesetzgeberische Barriere" gelte auch für die Mundgesundheit der Betroffenen, sagte KZBV-Vize Dr. Wolfgang Eßer. Gruppenprophylaxe werde von den sozialpädiatrischen Zentren nur bis zur Zäsur des 18. Geburtstages angeboten.

Danach müssten sich die Betroffenen diese Leistungen selbst besorgen. Dies sei für viele aufgrund eingeschränkter kognitiver Fähigkeiten oder aufgrund von Geldmangel kaum möglich.

Unter behinderten Menschen allgemein sei der Zahnstatus schlechter. Dies betreffe auch viele immobile ältere und pflegebedürftige Menschen, sagte Eßer. Ein Präventionsgesetz biete die Möglichkeit, diesen Versichertenkreisen eine bedarfsgerechte präventive Leistung zur Verhütung von Zahnerkrankungen anzubieten.

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU) hat angekündigt, mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), Gespräche über die Volljährigkeitsregel zu führen.

Weitere Forderungen der Ärzteorganisationen waren, schwer behinderten Menschen Zugang zur spezialfachärztlichen Versorgung zu verschaffen. Zudem benötigten die Ärzte und Zahnärzte Hilfe beim barrierefreien Umbau ihrer Praxen.

Es gebe "wohlwollendes Interesse" bei der Bundesregierung, ein Förderprogramm "Barrierearme Praxis" der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufzulegen, berichtete Regina Feldmann.

Gefragt seien hier auch Städte und Gemeinden, um die medizinische Versorgung der älter werdenden Bevölkerung zu verbessern. (af)

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