Pflege-Comeback

Jede zweite ausgestiegene Pflegekraft bereit zur Rückkehr

Die Chancen, ehemalige Pflegekräfte wieder zurück in den Job zu holen, stehen offenbar gut. 48 Prozent könnten sich eine Rückkehr zumindest vorstellen, ergab jetzt eine kleine Studie.

Ruth NeyVon Ruth Ney und Anno FrickeAnno Fricke Veröffentlicht:
Pflegepersonal im Stress – oft ein Grund, den Job an den Nagel zu hängen. Doch der ein oder andere ist womöglich zur Rückkehr bereit, wenn sich die Arbeitsbedingungen ändern.

Pflegepersonal im Stress – oft ein Grund, den Job an den Nagel zu hängen. Doch der ein oder andere ist womöglich zur Rückkehr bereit, wenn sich die Arbeitsbedingungen ändern.

© Mathias Ernert, Chirurgische Klinik, Universtitätsklinikum Heidelberg

BERLIN. Die Chancen, ausgestiegene Pflegekräfte wieder für den Beruf zu gewinnen, stehen annähernd halbe-halbe.

Das offenbaren aktuelle Ergebnisse der „#PflegeComeback-Studie“, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde.

Fast jede zweite darin befragte Pflegekraft (48 Prozent), die ihrem Beruf in den vergangenen Jahren den Rücken gekehrt hatte, könnte sich danach einen Wiedereinstieg vorstellen.

Bis zu 200.000 potenzielle Rückkehrer

Nach Schätzung des Instituts Psyma Health & Care, das die Studie im Auftrag des Medizinprodukteherstellers Hartmann AG durchgeführt hat, liegt die Zahl potenzieller Rückkehrer bei 120.000 bis 200.000 Personen. Die Bereitschaft zur Rückkehr ist allerdings an eine Vielzahl von Veränderungen verknüpft.

„Ich wollte nicht mehr ständig mit Bauchschmerzen zur Arbeit gehen“, beschrieb die ehemalige Pflegekraft Radostina Filipova, warum sie nach 19 Jahren den Beruf als Intensivpflegerin aufgegeben hat.

In Nachtschichten habe sie seinerzeit mit nur einer einzigen weiteren Kollegin so viele künstlich beatmete Patienten betreuen müssen wie zuvor fünf Fachpflegekräfte.

Die Verantwortung für jeden einzelnen Patienten bleibe aber auch bei weniger Personaleinsatz immer gleich hoch, sagte Filipova bei der Vorstellung der Untersuchung.

Unterstützung erhielt sie vom Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung. „Die Hauptkritik der Aussteiger ist immer, dass es zu wenige Kollegen gibt“, sagte Andreas Westerfellhaus.

Gedeckt wird die gefühlte Evidenz nun von einer, wenn auch dünnen Datenunterstützung.

Das wäre die wichtigste Voraussetzung für eine Rückkehr

  • 42 Prozent der ehemaligen Pflegekräfte erwarten andere Strukturen und Arbeitsbedingungen
  • 36 Prozent fordern mehr Personal.
  • 30 Prozent fordern eine bessere Bezahlung

Ausgebildete ehemalige Pflegekräfte in den Beruf zurückzuholen ist Teil der Konzertierten Aktion Pflege von Gesundheits-, Familien- und Arbeitsministerium.

Mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz hat die Koalition zudem weitere Einstellungshemmnisse aus dem Weg geräumt. Jede zusätzliche Pflegekraft bekommen die Krankenhäuser ab 2019 refinanziert, Tariflohnerhöhungen sogar schon ab 2018.

Mit dem Gesetz hat der Gesetzgeber 13.000 zusätzliche Stellen für die medizinische Behandlungspflege in Altenheimen geschaffen. Westerfellhaus hat am Montag bekräftigt, dass er an seinen Vorschlägen festhalten wolle, diese Stellen mit Prämien bis zu 5000 Euro und alternativen Arbeitszeitregelungen anzureizen.

Im Gespräch seien zum Beispiel Modelle, in denen sich drei Tage Arbeit und drei Tage Freizeit abwechselten. Auch an 80 Prozent arbeiten und 100 Prozent bezahlt bekommen, werde gedacht.

Aussteiger sind meist nicht glücklicher als zuvor

Mit einer digitalen Austauschplattform, die ehemalige Pflegekräfte beim Wiedereinstieg unterstütze, könne die Industrie zum Erfolg des Werbefeldzuges beitragen, sagte Hartmann-Chef Andreas Joehle am Montag. Auch dafür zeigen die Studienergebnisse Chancen auf. Die Aussteiger sind in ihren neuen Berufen meist nicht glücklicher als zuvor.

So lag der Auswertung zufolge der Anteil der absolut Zufriedenen beim Einstieg in den Pflegeberuf bei 63 Prozent. In der Position nach dem Ausstieg waren es demnach nur noch 44 Prozent der Befragten.

Um den Wiedereinstieg zu erleichtern, sahen die Befragten vor allem Schulungen und Training als wichtiges Mittel an (71 Prozent). Auch Schnuppertage (67 Prozent) können die Rückkehr erleichtern.

Basis der Studie sind 21 qualifizierte Telefoninterviews. 77 Prozent der Teilnehmer waren Frauen, das Durchschnittsalter lag bei 41 Jahren, die Berufserfahrung in der Pflege bei 3,3 Jahren.

Die Hälfte der Befragten waren ehemalige Gesundheits- und Krankenpfleger, 39 Prozent ehemalige Altenpfleger und acht Prozent ehemalige Kinderkrankenpfleger.

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 26.11.2018 um 15:08 Uhr.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Die Gelegenheit nutzen

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