Medizinischer Fakultätentag
Studienplatzzahl allein ist kein Allheilmittel
Wenn es um die Erhöhung von Medizinstudienplätzen geht, gehen Expertenmeinungen auseinander. Bleibt die Zufriedenheit junger Ärzte bei der Diskussion auf der Strecke?
Veröffentlicht:MAINZ. Zehn bis 20 Prozent mehr Medizinstudienplätze sind nötig – das sagte Dr. Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, auf dem 79. Ordentlichen Medizinischen Fakultätentag (MFT) in Mainz.
"Wir haben einen Sicherstellungsauftrag. Ein Drittel aller Hausärzte sind über 60, und auch im Krankenhausbereich haben wir die allergrößten Mühen, Stellen nachzubesetzen", betonte Matheis.
Professor Johanna Weber, HRK-Vizepräsidentin für Hochschulmedizin und Gesundheitswissenschaften, glaubt hingegen nicht, dass die Herausforderungen, vor denen das deutsche Gesundheitswesen steht, allein durch eine Aufstockung der Studienplätze im Bereich Medizin zu lösen sind: "Unabhängige Problemfelder müssen unabhängig voneinander betrachtet werden."
So seien die Versorgungsprobleme auf dem Land beispielsweise nicht zu lösen, indem man dem Markt mehr Ärzte zuführe.
"Geringer finanzieller Aufwand"
Professor Jürgen Schüttler, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg und MFT-Schatzmeister, sieht die Diskussion um mehr Studienplätze "maßgeblich von den Kollegen in den ärztlich dünn besiedelten Regionen beeinflusst" und hält wenig von Studienmodellen, mit denen junge Ärzte an eine Region gebunden werden sollen.
"Wer den Klebeeffekt will, sollte zu Obi gehen und Pattex kaufen", sagte Schüttler. Modelle der Studienplatzzahlerhöhung wie Neugründungen medizinischer Fakultäten, Satellitencampus oder Franchisemodelle sieht er eher skeptisch.
"Mit relativ geringem finanziellen Aufwand können wir an unserer Uni kurzfristig zehn Prozent mehr Ärzte ausbilden, das ist mit keiner Neugründung möglich."
"Die Versorgungsprobleme im Gesundheitswesen können wir nicht mit Ausbildungsreformen bekämpfen", sagte Luca Salhöfer von der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland. Die Landflucht zum Beispiel lasse sich dadurch nicht aufhalten, zeigte sich der Bundeskoordinator für medizinische Ausbildung bei einer Podiumsdiskussion in Mainz überzeugt.
Salhöfer forderte größere Anstrengungen in der Gesundheitserziehung der Bevölkerung, damit die Bürger beispielsweise einen Notfall von einer normalen Erkrankung unterscheiden lernten und somit den ärztlichen Notdienst entlasteten.
Bei allen Unterschieden in der Auffassung, ob Deutschland tatsächlich mehr Medizinstudienplätze benötigt, waren sich die Teilnehmer der Runde doch einig darin, dass bei allen künftigen Reformvorhaben die hohe Qualität der Versorgung erhalten bleiben und den Bedürfnissen der Jungmediziner Rechnung getragen werden müsse.
Schüttler: "Die jungen Leute wollen ihren Beruf schließlich auch glücklich ausüben."