Studie HOMERN

Vom Heim in die Klinik – Keine Einbahnstraße

Deutlich häufiger als im internationalen Vergleich werden Pflegeheimbewohner in Deutschland ins Krankenhaus oder in die Notaufnahme geschickt. Ein strukturelles Problem?

Von Dirk Schnack Veröffentlicht:
Notaufnahme ohne Heimpatienten? Mit dem richtigen Patientenmanagement kämen nur richtige Notfälle in die Klinik.

Notaufnahme ohne Heimpatienten? Mit dem richtigen Patientenmanagement kämen nur richtige Notfälle in die Klinik.

© Holger Hollemann

Bremen/Oldenburg. Pflegeheimbewohner in Deutschland werden häufig in Notaufnahmen oder Krankenhäusern behandelt, auch wenn diese Besuche eigentlich nicht nötig wären. Den Ursachen dafür sind die Universitäten Bremen und Oldenburg in der Studie „HOMERN“ auf den Grund gegangen. Die Abkürzung steht für „Hospitalisierung und Notaufnahmebesuche von Pflegeheimbewohnern“. Im Kern ging es den Versorgungsforschern unter anderem darum, Versorgungsdefizite aufzudecken.

Dr. Guido Schmiemann, Facharzt für Allgemeinmedizin und als Wissenschaftler verantwortlich für einen Teilbereich der Studie, macht ein „strukturelles Problem“ aus, da häufig Ängste vor rechtlichen Konsequenzen die Entscheidung zum Kliniktransfer beeinflussen. Pflegekräfte würden häufig ohne Einbeziehung von Ärzten den Notruf wählen, beispielsweise nach Stürzen oder bei Verschlechterungen des Allgemeinzustandes und neurologischen Auffälligkeiten.

Haftungsrechtliche Motivation

Der Disponent in der Leitstelle, der für seine Entscheidung persönlich hafte, alarmiere in der Regel den RTW, der in vielen Regionen für Leerfahrten nicht bezahlt werde und den Bewohner im Zweifel mit ins Krankenhaus nehme. „Das ist ein Automatismus. Wir müssen Wege finden, wie wir da raus kommen“, so Schmiemann.

Zwölf Monate haben sich Forschungsteams aus Bremen und Oldenburg 12 Pflegeheime in Bremen und Umgebung angeschaut, 802 Bewohner wurden erfasst. Die Statistik ergibt 627 Krankenhaushalte, darunter auch Bewohner, die im Verlaufe des Jahres mehrfach in ein Krankenhaus transportiert werden mussten.

Es wäre hilfreich, wenn Praxis und Heim dieselben Informationen hätten.

Dr. Guido Schmiemann, Allgemeinarzt und als Versorgungsforscher an der HOMERN-Studie beteiligt

Ein weiteres Grundproblem, so der Versorgungsforscher, sei, dass Pflegeheime und niedergelassene Ärzte sich in vielen Fällen nicht ausreichend austauschten. „Es wäre hilfreich, wenn Praxis und Heim dieselben Informationen hätten“, postuliert Schmiemann.

Er forderte daher kürzlich bei einem Symposium in Bremen, verbesserte strukturelle Rahmenbedingungen sowie eine verstärkte Kommunikation und Kooperation zwischen den beteiligten Akteuren, um die Zahl vermeidbarer Krankenhaustransporte aus Pflegeheimen zu verringern.

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