Berufsunfähigkeit: Blick auf den Bedarf nötig

Das ärztliche Versorgungswerk sichert Praxischefs auch gegen Berufsunfähigkeit ab. Ärzte haben im Bedarfsfall hohe Hürden zu nehmen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann eine private Zusatzpolice ins Kalkül ziehen.

Von Anja Krüger Veröffentlicht:
Mit Weitblick sollten Ärzte schauen, wie viel Geld sie im Ernstfall der Berufsunfähigkeit benötigen werden - und dieses Risiko absichern. © Bernd Leitner / fotolia.com

Mit Weitblick sollten Ärzte schauen, wie viel Geld sie im Ernstfall der Berufsunfähigkeit benötigen werden - und dieses Risiko absichern. © Bernd Leitner / fotolia.com

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KÖLN. Bevor sich niedergelassene Ärzte für den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung entscheiden, sollten sie sich klar machen, wie sie gegen dieses Risiko über das ärztliche Versorgungswerk geschützt sind. Mit den Pflichtbeiträgen zum Versorgungswerk erhalten Mediziner Anspruch auf eine Rente bei Berufsunfähigkeit - ohne jede Gesundheitsprüfung. Aber: Damit Mediziner vom Versorgungswerk eine Rente bekommen, müssen sie in überhaupt keiner Form mehr ärztlich tätig sein können. Sie müssen also faktisch erwerbsunfähig sein. Deshalb kann eine zusätzliche private Absicherung sinnvoll sein.

Beim Versorgungswerk fallen keine Provisionen an

Wer seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, verliert seine wirtschaftliche Existenz. Anders als die Mitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung sind niedergelassene Ärzte in dieser Hinsicht über die ärztlichen Versorgungswerke abgesichert. "Wer bei einem Versorgungswerk Mitglied ist, ist automatisch gegen Berufsunfähigkeit versichert", sagt Stefan Strunk von der Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV).

Durch die Mitgliedschaft im ärztlichen Versorgungswerk bekommen niedergelassene Mediziner - ob sie wollen oder nicht - das ganze Programm: Altersvorsorge, Hinterbliebenenversorgung und eben Berufsunfähigkeitsschutz. Das hat Vorteile: Anders als in der Privatwirtschaft müssen Ärzte keine Abschlussprovisionen zahlen, die gerade bei diesen Verträgen hoch sind. Auch die Verwaltungskosten sind niedrig, und die Renditen können sich wirklich sehen lassen. Auch die Rente im Fall einer Berufsunfähigkeit ist nicht schlecht. "Wir rechnen hoch, was der Arzt bekommen würde, wenn er bis zum 60. Lebensjahr Beiträge gezahlt hätte", berichtet Dr. Gerhard Rosler von der Ärzteversorgung Nordrhein. So gehen die meisten ärztlichen Versorgungswerke vor. Im Ernstfall entscheidet ein Gremium aus ärztlichen Kollegen über die Rente für den betroffenen Mediziner.

Nach Angaben der ABV liegt die durchschnittliche Berufsunfähigkeitsrente der ärztlichen Versorgungswerke nach den aktuellsten verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2007 bei 2434 Euro im Monat. Welchen Anspruch ein Arzt individuell im Falle der Berufsunfähigkeit hat, kann er der jährlichen Kontostandmeldung entnehmen, die er vom Versorgungswerk zugeschickt bekommt. Reicht ihm die in Aussicht gestellte Summe nicht, kann er entweder die Beiträge zum Versorgungswerk aufstocken - und damit auch die Ansprüche an seine Altersversorgung erhöhen - oder einen zusätzlichen privaten Vertrag abschließen.

Diabetiker und Legastheniker haben es bei Privaten schwer

Vor dem Abschluss bei einem Versicherer steht aber eine ausgiebige Gesundheitsprüfung. Schon geringfügige gesundheitliche Probleme führen dazu, dass Ärzte - genau wie andere Interessierte - bei privaten Versicherungs-Anbietern Prämienzuschläge zahlen müssen oder gar keine Berufsunfähigkeitsversicherung bekommen.

Nach Angaben von Professor Wolfgang Römer, ehemaliger Versicherungsobmann und Richter am Bundesgerichtshof, bekommen Personen mit Diabetes, AIDS, Schlafapnoe oder sogar Legasthenie keine Versicherungspolicen.

Aber auch der Schutz über das Versorgungswerk hat Nachteile. Im Ernstfall sind die Anforderungen streng, sagt Rosler. "Es wird genau hingesehen, ob jemand wirklich arbeitsunfähig ist." Ein Chirurg, der wegen Rückenbeschwerden nicht mehr operieren kann, würde keine Rente bekommen, wenn er seine Tätigkeit nur aus diesem Grund nicht mehr ausüben könnte. Erst wenn er überhaupt nicht mehr ärztlich tätig sein kann, also auch nicht in der Verwaltung oder als Gutachter, hätte er Aussichten auf eine Rente. Allerdings schauen auch die privaten Anbieter genau hin. "Viele Versicherer haben keine besseren Konditionen", sagt Rosler. Anders als beim Versorgungswerk können Ärzte bei einem privaten Anbieter eine Teil-Berufsunfähigkeitsrente erhalten, etwa wenn sie nur in bestimmten Ausmaßen eingeschränkt sind. Das Versorgungswerk zahlt entweder ganz oder gar nicht. Hier gibt es auch keine für zwei oder drei Jahre befristete Rente.

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