Gesundheitswirtschaft

Ambulante Medizin gewinnt im Markt

Mit einem Volumen von 336,4 Milliarden Euro ist die Gesundheitswirtschaft die bedeutendste Wirtschaftsbranche. Davon wird mehr als die Hälfte in den Praxen und Krankenhäusern erwirtschaftet – mit einem stetigen Aufwärtstrend bei Leistung und Beschäftigung.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Die Daten aus der gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die das Bundeswirtschaftsministerium seit einigen Jahren erhebt, dokumentieren einen anhaltenden Trend zugunsten der ambulanten medizinischen Versorgung.

Zwar wachsen beide Sektoren kontinuierlich, aber der durchschnittliche jährliche Zuwachs der Wertschöpfung in nichtstationären Einrichtungen der Medizin – das sind die Praxen niedergelassener Ärzte und Zahnärzte, aber auch die Praxen der nichtärztlichen Berufe wie Physiotherapeuten – erreicht einen Wert von 4,3 Prozent, während es bei den Krankenhäusern und anderen stationären Einrichtungen "nur" 3,8 Prozent pro Jahr sind.

Arbeitsproduktivität steigt

In absoluten Zahlen: 2005 betrug die Wertschöpfung ambulanter Einrichtungen noch 55,2 Milliarden Euro, während es in der stationären Medizin 62,4 Milliarden Euro waren. Die Prognosen für 2016 sehen die ambulanten Einrichtungen bei 88,1 Milliarden Euro, die stationären Einrichtungen bei 94,1 Milliarden Euro.

Es scheint absehbar, dass bei anhaltender Leistungsverlagerung von Krankenhäusern in die ambulante Medizin letztere den stationäre Sektor mittelfristig überholen könnte.

Interessant ist auch ein Blick auf die Beschäftigung von Arbeitskräften in beiden Sektoren. Gleichermaßen gilt: über alle Jahre seit 2005 ist ein Beschäftigungszuwachs zu verzeichnen, und zwar insgesamt um rund 800.000 Arbeitsplätze.

In stationären Einrichtungen arbeiteten 2016 insgesamt 2,4 Millionen Menschen, in der ambulanten Medizin zwei Millionen. Der durchschnittliche jährliche Zuwachs an Beschäftigung in beiden Sektoren liegt bei 1,8 Prozent.

Indiz für Arbeitsverdichtung

Vergleicht man dies mit dem jährlichen Zuwachs der Bruttowertschöpfung von 3,8 und 4,3 Prozent, dann weisen diese Daten einen beachtlichen Zuwachs an Arbeitsproduktivität in den vergangenen elf Jahren aus.

Das kann unterschiedlich bewertet werden: Einerseits könnte dies dafür sprechen, dass es auch im Dienstleistungssektor Medizin gelingt, Rationalisierungsreserven zu mobilisieren – es könnte aber auch ein Indiz für wachsende Arbeitsverdichtung, mehr Stress und weniger gute (bequeme?) Arbeitsbedingungen sein.

Ein Blick auf niedergelassene Ärzte und Zahnärzte: Zuletzt erwirtschafteten die niedergelassenen Ärzte eine Wertschöpfung von 44,6 Milliarden Euro, 2005 waren es noch 25,4 Milliarden Euro.

Dies ist ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 3,8 Prozent. Angesichts dessen sind auch hier Rationalisierungsprozesse zu beobachten: Denn die Zahl der Beschäftigten nahm in den letzten elf Jahren jährlich nur um 1,1 Prozent zu – auf 713.000 im vergangenen Jahr.

Zur ambulanten Versorgung zählen auch die Zahnärzte, die 2016 eine Bruttowertschöpfung von 18,1 Milliarden Euro erwirtschafteten. Das Durchschnittwachstum der vergangenen elf Jahre erreichte 3,1 Prozent, das durchschnittliche Beschäftigungswachstum lag bei 1,4 Prozent. Zuletzt wurden in den Praxen der Zahnärzte 363.000 Menschen beschäftigt.

Ein besonders ausgeprägtes Wachstum erreichen die Praxen der sonstigen medizinischen Berufe, wie etwa Physiotherapeuten: Binnen elf Jahren hat sich ihre Wertschöpfung von 5,5 auf 10,1 Milliarden Euro nahezu verdoppelt. Das jährliche Wachstum liegt bei 5,6 Prozent. Hier ist auch die Beschäftigungswirkung der Dynamik ausgeprägt: Im Jahresschnitt entstanden jeweils 4,3 Prozent neue Arbeitsplätze, insgesamt sind 503.000 Menschen in diesem Sektor tätig.

Strukturwandel bei Kliniken

Unter den stationären Einrichtungen der Gesundheitsversorgung sind Akutkrankenhäuser der wichtigste Leistungsträger mit einer Wertschöpfung von zuletzt knapp 66 Milliarden Euro. Der jährliche durchschnittliche Zuwachs lag in den letzten elf Jahren bei 3,9 Prozent.

Hinter den Kulissen hat sich allerdings ein beachtlicher Strukturwandel vollzogen: Die Zahl der Krankenhäuser hat um 183 oder 8,6 Prozent auf zuletzt 1965 abgenommen. Dies ging vor allem zu Lasten der Kliniken in staatlicher Trägerschaft (überwiegend kommunaler Gebietskörperschaften), deren Zahl von 751 im Jahr 20015 auf zuletzt 577 (minus 23,2 Prozent schrumpfte.

Kostendruck steigt

Auch die Kliniken freigemeinnnütziger Träger verlieren Marktanteile: Hier ging die Zahl der Kliniken von 818 auf 679 (minus 17 Prozent) zurück. Gewachsen ist dagegen die Zahl der Kliniken in privater Trägerschaft von 570 auf 700 (plus 22,8 Prozent). Ihr Marktanteil hat sich damit von knapp 27 auf über 36 Prozent erhöht.

Wie sehr die Krankenhäuser unter Kostendruck stehen, zeigt ein Blick auf die Personalentwicklung: Zwischen 2005 und 2016 erhöhte sich die Zahl der Mitarbeiter nur um rund 200.000 auf nunmehr 1,158 Millionen, das ist eine jährliche Wachstumsrate von 1,4 Prozent.

Stärker ist die Zahl der in Krankenhäusern tätigen Ärzte gestiegen: um durchschnittlich jährlich 2,9 Prozent auf nunmehr rund 167.000. Aber auch dies muss relativiert werden: Der Zuwachs der mit Ärztinnen besetzten Arbeitsstellen nahm um 4,9 Prozent zu, bei den männlichen Kollegen waren es nur 1,5 Prozent. Dementsprechend ist der Anteil der mit Ärztinnen besetzten Stellen von 38 auf über 46 Prozent gestiegen. Zugleich nahm aber auch der Anteil der Teilzeitstellen von 13,1 auf 22,3 Prozent zu.

Eckdaten zur Gesundheitswirtschaft

» Sieben Millionen Beschäftigte – das ist ein Anteil von 16,1 Prozent am Arbeitsmarkt.

» 336,4 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung – das sind zwölf Prozent der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung.

» 116,1 Milliarden Euro Exporte – das sind 8,2 Prozent aller Exporte; den Hauptteil leisten Pharma- und Medizintechnik-Industrie.

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