DGIM-Kongress

Bremer Neuropädiaterin und Charité-Bioinformatik-Doktorand teilen sich Präventionspreis

Eine Neuropädiaterin aus Bremen und ein-Bioinformatik-Doktorand von der Charité wurden beim DGIM-Kongress mit dem Präventionspreis der DGIM und der DSIM ausgezeichnet.

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Sie erhielten den Präventionspreis: Corinna Doege (links) und Thore Manuel Bürgel (rechts).

Sie erhielten den Präventionspreis der DGIM und der DSIM: Dr. Corinna Doege (links), Fachärztin in der Abteilung für Neuropädiatrie an der Kinderklinik Bremen, und Charité-Bioinformatik-Doktorand Thore Manuel Bürgel (rechts).

© Sophie Schüler

Wiesbaden. Wie lässt sich das individuelle Risiko von Patientinnen und Patienten, später an einer Volkskrankheit zu erkranken, präziser vorhersagen? Und: Welchen Einfluss hat die Wahl des Blutdrucksenkers auf das Epilepsierisiko von Bluthochdruckpatienten? Auf diesen beiden Fragestellungen fokussieren zwei herausragende Forschungsarbeiten aus dem Jahr 2022, teilt die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) mit.

Die DGIM und die Deutsche Stiftung Innere Medizin (DSIM) haben in diesem Jahr ihren renommierten, mit 10.000 Euro dotierten Präventionspreis geteilt und die Auszeichnung an Neuropädiaterin Dr. Corinna Doege und an den Charité-Bioinformatik-Doktoranden Thore Buergel vergeben. Die Verleihung fand beim DGIM-Kongress statt.

Wenn es um die Risiken und Folgeschäden des arteriellen Bluthochdrucks geht, stehen meist Herzinfarkt und Schlaganfall im Fokus der präventiven Bemühungen. Vergleichsweise wenig beachtet wird dagegen das Risiko für epileptische Anfallsleiden bei Bluthochdruck-Betroffenen.

„Das Risiko, eine Epilepsie zu entwickeln, ist bei dieser Patientengruppe mit rund 4 Prozent zwar deutlich geringer als ihr kardiovaskuläres Risiko – im Vergleich zur Normalbevölkerung ist es jedoch mindestens um den Faktor 2,5 erhöht“, wird DSIM- Vorsitzender Professor Stefan Frantz in der Mitteilung zitiert. „Zudem geht ein epileptisches Leiden mit einer großen persönlichen Belastung einher und kann auch die Lebenserwartung einschränken.“

AT1-Antagonisten bei hohem Epilepsie-Risiko von Vorteil

Grundlage der Forschungsarbeit von Preisträgerin Dr. Corinna Doege, Fachärztin in der Abteilung für Neuropädiatrie an der Kinderklinik Bremen, waren tierexperimentelle Studien, die zeigten, dass die in der Bluthochdruck-Therapie häufig eingesetzten Angiotensin-1-Rezeptor-(AT1-)Antagonisten das Auftreten von Epilepsien verhindern konnten. Daraufhin prüfte Doege, ob diese Wirkstoffe auch bei Menschen das Epilepsierisiko senken.

In ihre Kohortenstudie bezog die Medizinerin Daten von knapp 170.000 Hypertonie-Patientinnen und -Patienten ein, die zwischen 2010 und 2020 im niedergelassenen Bereich behandelt worden waren (JAMA Neurol. 2022; online 17. Oktober). Sie alle wurden mit Blutdrucksenkern aus einer von vier Wirkstoffgruppen therapiert: Beta-Blocker, ACE-Hemmer, Calciumantagonisten oder AT1-Antagonisten. Hierbei zeigte sich, dass das Risiko für das Neuauftreten einer Epilepsie bei Bluthochdruckpatienten unter AT1-Antagonisten am niedrigsten, unter Beta-Blockern am höchsten war.

„Die Untersuchung weist darauf hin, dass Bluthochdruckpatienten, die ein erhöhtes Epilepsie-Risiko haben, von der Behandlung mit einem AT1-Antagonisten profitieren könnten – diese wichtigen Erkenntnisse machen Hoffnung, dass Bluthochdruck-Patienten durch die richtige Medikamentenwahl besser vor der Entwicklung einer Epilepsie geschützt werden könnten“, sagt Professor Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM. Die Ergebnisse müssen noch in prospektiven Studien bestätigt werden.

Vorhersage-Modell für 24 Krankheiten entwickelt

Forschergeist, große Mengen von Patientendaten, Künstliche Intelligenz – das sind die wichtigsten Grundlagen für die zweite herausragende Arbeit, die in diesem Jahr mit dem Präventionspreis ausgezeichnet wird. Mit dem Ziel, das individuelle Risiko für verschiedene Volkskrankheiten präziser vorherzusagen, analysierte Preisträger Thore Buergel, Doktorand der Bioinformatik an der Charité Berlin, gemeinsam mit seinen Co-Autoren mehr als 100 000 Patientendaten aus einer großen britischen Biobank (Nat Med. 2022; 8(11): 2309-2320).

Dabei konzentrierten sich die Forschenden auf Metaboliten im Blut der Probanden, die anhand von 168 Markersubstanzen analysiert wurden. Metaboliten stehen im Verdacht, bei der Entstehung einer Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen eine Rolle zu spielen. Mithilfe Künstlicher Intelligenz, die mit den individuellen Metaboliten-Profilen der Probanden sowie deren Krankheitshistorie gefüttert wurde, konnten die Forschenden ein Vorhersage-Modell entwickeln, welches sie mit Alter und Geschlecht kombinierten.

„So gelang es, das individuelle Risiko für 24 häufige Krankheiten – von Stoffwechsel- und Gefäßerkrankungen bis hin zu Krebs – deutlich genauer abzuschätzen als mit bisher verfügbaren RisikoScores“, so Professor Frantz. „Ein tolles Ergebnis, das in Zukunft eine wichtige Rolle in der personalisierten Prävention spielen könnte.“

Das Modell wurde in 4 weiteren großen Bevölkerungsstudien aus den Niederlanden und Großbritannien erfolgreich validiert. „Diese Arbeit wirft deshalb auch ein Schlaglicht auf die für die medizinische Forschung so enorme Bedeutung der Verfügbarkeit umfassender Patientendaten, welche in Deutschland leider immer noch unzureichend ist“, ergänzte Professor Ertl. (eb/ikr)

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