Mit Strafen zu mehr Krebsvorsorge

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Wer die Krebsvorsorge schwänzt, wird finanziell bestraft - das könnte bald für chronisch Kranke gelten. Dieser Vorschlag kam im Vorfeld des Deutschen Krebskongresses aus der CDU.

BERLIN (ami/dpa). Der Startschuss für den Nationalen Krebsplan ist gefallen. Vorrangige Ziele sind der Ausbau klinischer Krebsregister und die Weiterentwicklung der Früherkennung.

Die Patienten sollen künftig zu mehr Krebsfrüherkennungs-Untersuchungen eingeladen werden.

Die Patienten sollen künftig zu mehr Krebsfrüherkennungs-Untersuchungen eingeladen werden.

© Sven Weber / Fotolia.com

Der CDU-Politiker Jens Spahn kündigte an, dass noch in diesem Jahr flächendeckende klinische Krebsregister und ein Einladungswesen für bestimmte Vorsorgeuntersuchungen auf den Weg gebracht werden sollen. Es müsse gelingen, "dass es läuft wie beim Zahnarzt", sagte er.

Spahn erläuterte, eine bereits bestehende Regelung zu Vorsorgeuntersuchungen etwa gegen Krebs solle verstärkt umgesetzt werden. Dabei werden chronisch kranke Versicherte finanziell bestraft, wenn sie Vorsorgeuntersuchungen nicht regelmäßig in Anspruch genommen haben. In diesen Fällen erhöht sich eine Belastungsgrenze, bis zu der Zuzahlungen gezahlt werden müssen. "Die Kassen müssen das umsetzen", forderte Spahn.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte der "Bild"-Zeitung: "Nach dem Screening bei Brustkrebs wollen wir nun Ähnliches bei Darmkrebs und Gebärmutterhalskrebs erreichen. Die bestehenden Angebote müssen noch wirksamer und sicherer werden."

Denkbar sei ein Einladungsverfahren wie beim Brustkrebs. "Wir müssen nicht nur die Menschen erreichen, die zum Arzt gehen, sondern auch die anderen, die Gesunden."

Mit knapp 500.000 Neuerkrankungen gerechnet

Immer mehr Menschen erkranken an Krebs. Binnen zwölf Jahren ist die Zahl der Neuerkrankungen um rund 100.000 gestiegen. Das Robert Koch-Institut (RKI) rechnet für das laufende Jahr mit 490.000 Neuerkrankungen.

Hauptgrund: Die Zahl der älteren Menschen, bei denen Krebs zumeist auftritt, wächst. Hinzu kommt ein erwarteter Anstieg der entdeckten Brustkrebsfälle in der ersten Phase des Mammographie-Screening-Programms.

Brustkrebs macht bei den Frauen etwa ein Drittel aller Fälle aus, bei den Männern ist Prostatakrebs mit einem Anteil von etwa 25 Prozent weiter die häufigste Krebsart. Hochgerechnet auf 2012 leben in Deutschland etwa 1,4 Millionen Menschen, bei denen die Diagnose Krebs in den vergangenen fünf Jahren gestellt wurde.

Durch bessere Therapien ist der Anteil der Todesfälle weiter gesunken: Vor 1980 starben mehr als zwei Drittel an ihrer Krebserkrankung, heute sind es weniger als die Hälfte.

Um die Therapie weiter zu verbessern, sollen die klinischen Krebsregister ausgebaut werden. Nur sie könnten zeigen, wie sich die Behandlung auf Überleben und Lebensqualität der Patienten auswirke, so Professor Werner Hohenberger, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft.

Bessere Finanzierung der Forschung gefordert

Der Nationale Krebsplan steht im Zentrum des diesjährigen Krebskongresses vom 22. bis 25. Februar in Berlin. Kongresspräsident Professor Peter Albers forderte von der Politik eine bessere Finanzierung der unabhängigen Krebsforschung.

"Der Nationale Krebsplan hat den Forschungsbedarf identifiziert. Das Geld, das dafür zur Verfügung gestellt wurde, ist ein Tropfen auf den heißen Stein", so Albers.

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Kommentare
Uwe Schneider 23.02.201219:00 Uhr

Grundsätzlich ein überlegenswerter Vorschlag

Allerdings nur unter 2 Voraussetzungen:

1. Durch die Vorsorge müssen der Gemeinschaft voraussichtlich im Schnitt Gesundheitskosten erspart werden. Ansonsten bleibt nur die Verbesserung der individuellen Gesundheit übrig, die ich jedem empfehle, zu der die dann aber nicht betroffene Gemeinschaft das Individuum nicht zwingen kann.

2. Die Vorsorgeuntersuchungen dürfen mit keinen (nennenswerten) Gesundheitsrisiken verbunden sein. Nennenswert ist ein Gesundheitsrisiko jedenfalls dann, wenn ein Arzt darüber aufklären muss, wie in der Regel über das Perforationsrisiko bei der Koloskopie zur Darmkrebsvorsorge. Damit ist insoweit m.E. kein auch nur mittelbarer Druck über finanzielle Strafen zulässig. Anders sieht dies bei nur unangenehmen Prozeduren wie dem Abtasten der Prostata, dem Abstrich vom Gebärmuttermund oder dem Test auf okkultes Blut im Stuhl (irgendwoher muss das Probemmaterial ja kommen) aus.

Renita Bublies 22.02.201211:37 Uhr

Gesunde zu Kranken machen

Zitat: "Wir müssen nicht nur die Menschen erreichen, die zum Arzt gehen, sondern auch die anderen, die Gesunden."

Nicht, dass ich etwas gegen Prophylaxe hätte (die etwas ganz anderes ist als Früh- und Frühst-Erkennung), ganz im Gegenteil - aber sollen wir jetzt wirklich unter Strafe gezwungen werden, regelmäßig seelisch und körperlich belastende Maßnahmen zu ergreifen, um uns von Gesunden zu Kranken oder wenigstens Krankheitsverdächtigen machen zu lassen?

Und ist es wirklich im Interesse unseres Gesundheitssystems, alte chronisch Kranke durch Aufdeckung z.B. eines latenten, abgekapselten "Haustierkrebses" noch kränker zu machen und ihnen damit Behandlungen zuzumuten, die sie sonst nie gebraucht hätten?
Hier geht es ja nicht um Menschen, die irgendwelche Anhaltspunkte für Krebsverdacht zeigten, die würden ohnehin weiteren (individuell angepassten!) Diagnosemaßnahmen zugeführt.
Und auch nicht um die, deren Leben von ständiger Krebsangst geprägt wird, die gehen ohnehin von Arzt zu Arzt und bitten um sinnvolle und sinnlose Untersuchungen.
Es geht um Menschen, die sich gesund fühlen und nur irgendein Kriterium erfüllen, dass sie auf die Einladungsliste setzt (wie bei Frauen ein Alter zwischen 50 und 70 für das Mammografiescreening - obwohl über 70 das Risiko steigt).

Was ist mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, wenn ich auf diesem Wege in Röntgenstrahlen oder andere Immissionen gezwungen werde?

Wie weit ist denn eine solche Zwangsbefundung noch entfernt vom genetischen Strichcode auf der Stirn, mit dem unsere gesundheitliche Stabilität oder Anfälligkeit zu Auslesezwecken missbraucht werden kann?
Zu dieser Art von Massenbeglückung würde der Kölsche sagen: "Mer kann et och üwwerdriewe!" (Man kann es auch übertreiben!).

Hier scheint mir nicht die "Volksfürsorge" am Werk zu sein, sondern singuläre Interessen nach mehr Forschungsgeldern oder -daten. Für mich ist das Missbrauch einer Bevölkerung zu Studienzwecken.

Auf eine "gesunde" Diskussion bin ich gespannt.
Nachdenkliche Grüße
Renita Bublies

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