Europäische Rechtsprechung

Grenzüberschreitendes Telemed-Team: Nur für eigene Leistung gilt Herkunftsrecht

Eine österreichische Zahnärztin durfte Dienstleistungen für eine deutsche Dentalkette erbringen. Dass deren Eigentümerstruktur gegen österreichisches Recht verstoßen würde, musste sie nicht kümmern.

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Mit Zahnschienen ist die Dentalkette DrSmile offenbar so gut im Geschäft, dass berufsständische Kammern sich gefordert sehen, dagegen vorzugehen.

Mit Zahnschienen ist die Dentalkette DrSmile offenbar so gut im Geschäft, dass berufsständische Kammern sich gefordert sehen, dagegen vorzugehen.

© daphnusia / stock.adobe.com

Luxemburg. Ob Arzneimittel oder Kontaktlinsen – trotz nationaler Zuständigkeit für das Gesundheitssystem ebnet EU-Recht den Weg auch für grenzüberschreitende Angebote. Nach einem aktuell verkündeten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg kann das auch für telemedizinische Leistungen gelten. Ärzte könnten sich im Rahmen ihrer deutschen Zulassung an entsprechenden Behandlungspaketen auch ausländischer Anbieter beteiligen.

Bislang hatten sich die obersten EU-Richter vorrangig mit dem Handel beschäftigt und etwa grünes Licht für den grenzüberschreitenden Versand etwa von Arzneimitteln und Kontaktlinsen gegeben. In dem nun entschiedenen Streit um die Zahnschienen-Marke „DrSmile“ ging es erstmals um ein Angebot, das Telemedizin und zudem Leistungen einer hier österreichischen Zahnärztin umfasste.

Zahnschiene per App

Die deutschen DrSmile-Anbieter Urban Technology (Berlin) und DZK Deutsche Zahnklinik (Düsseldorf) gehören inzwischen zu der international agierenden spanischen Impress Group (Barcelona). Aus Österreich hatte sich DrSmile allerdings im September 2024 zurückgezogen. Der Fall spielt noch vorher, die Zahnärztin war österreichische „Partnerzahnärztin“ von DrSmile. Bei Interessenten führte sie in ihrer Praxis eine Anamnese, ein Aufklärungsgespräch und einen 3D-Scan des Gebisses durch sowie weitere für die Zahnschienentherapie erforderliche Vorbehandlungen.

Die Ergebnisse und Unterlagen übermittelte sie an die DZK. Die weitere Versorgung erfolgte von dort mittels einer App, und die Zahnärztin wurde auch von dort bezahlt. Die Österreichische Zahnärztekammer wollte der Zahnärztin die Tätigkeit für DrSmile verbieten lassen. Nach dem nun verkündeten Luxemburger Urteil besteht dafür aber keine rechtliche Handhabe.

Jeder Akteur ist einzeln zu betrachten

Hintergrund ist, dass es nach der EuGH-Rechtsprechung nicht nur einheitliche Behandlungsprozesse gibt, sondern auch „komplexe Behandlungen“, die sich aus Leistungen verschiedener und gegebenenfalls unterschiedlich qualifizierter Akteure zusammensetzen. In solchen Fällen seien die einzelnen Akteure dann auch einzeln zu betrachten. Für die Zahnärztin im konkreten Fall bedeutet dies, dass nur ihre eigene Tätigkeit für DrSmile dem österreichischen Recht unterlag. Dagegen hatten ihre Diagnosen und Vorarbeiten aber nicht verstoßen.

Die nachfolgende Betreuung per App aus Deutschland sei davon klar zu trennen, so der EuGH weiter. An dieser telemedizinischen Dienstleistung sei die Zahnärztin nicht mehr beteiligt gewesen. Für diese maßgeblich sei das Recht desjenigen Landes, in dem der telemedizinische Dienstleister ansässig ist, hier also Deutschland. Daher blieb auch der Einwand der Österreichischen Zahnärztekammer ohne Erfolg, dass sich die DZK in Investorenhand befindet, was nach österreichischem Recht nicht zulässig wäre. (mwo)

Europäischer Gerichtshof, Az.: C 115/24

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