Interview

"Unser Wunsch bei Pankreatitis: Genetische Assoziationen finden"

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Professor Joachim Mössner, der Präsident des Internistenkongresses 2012, hat ein Faible für das Pankreas und die Erkrankungen dieses Organs. Durch Genomweite Assoziationsstudien will er gemeinsam mit seinem Team neue Ansätze für effizientere Therapien finden.

Das Pankreas: Auch für Forscher der Universität in Leipzig ein großes Thema.

Das Pankreas: Auch für Forscher der Universität in Leipzig ein großes Thema.

© Springer Verlag

Ärzte Zeitung: Herr Professor Mössner, für Sie als Gastroenterologe gehört das Pankreas quasi zu Ihren Lieblingsorganen, und die akute und chronische Pankreatitis zählen zu Ihren "Lieblings-Krankheitsbildern". Wird es denn auch hierzu beim Internistenkongress im April Neues geben?

Professor Joachim Mössner: Ja, die Therapie bei akuter und chronischer Pankreatitis wird in Wiesbaden sicher zur Sprache kommen; auch eine Sitzung zur akuten und chronischen Pankreatitis steht auf dem Kongressprogramm. Derzeit wird ja noch kontrovers diskutiert, wann interventionell endoskopisch, wann operativ vorgegangen werden sollte. Wann ist eine endoskopische Drainage von Nekrosen indiziert, wann eine CT-gesteuerte Drainage?

Eine Studie aus den Niederlanden hat erst kürzlich sehr schön gezeigt, dass die Step-up-Therapie, bei der Nekrosen erst CT-gesteuert drainiert werden und, wenn das nicht hilft, dann operiert wird, mit weniger Komplikationen verknüpft ist als die sofortige Op.

Insgesamt wird man immer aggressiver, was radiologische und endoskopische Interventionen bei Nekrosen betrifft und die Chirurgie tritt etwas in den Hintergrund. Bei anderen Indikationen wie Schmerzen bedingt durch Pankreasgangstenosen oder Cholestase bedingt durch Einengung des Ductus choledochus durch eine verkalkte entzündliche Pankreaskopfschwellung hat die primäre Chirurgie eher Vorteile.

Ärzte Zeitung: Für den diesjährigen Internistenkongress haben Sie ja das Leitthema "Krankheit, Gene, Umwelt" gewählt. Gene und Umwelt - bezogen auf das Pankreas und auf Erkrankungen dieses Organs: Welche Forschungen laufen dazu denn derzeit an der Universität in Leipzig?

Mössner: Wir sind zur Zeit daran interessiert, durch Genomweite Assoziationsstudien Faktoren zu finden, die vor der Pankreatitis schützen oder das Pankreatitis-Risiko erhöhen. Vergleichskollektive sind etwa Patienten mit äthyltoxischer Leberzirrhose oder auch Patienten mit alkoholtoxischer chronischer Pankreatitis. Letzten Endes wollen wir jemanden sagen können: Wenn Du rauchst oder wenn Du trinkst und wenn Du dazu die oder jenige genetische Konstellation hast, dann erhöht sich Dein Risiko um den Faktor XY.

Ärzte Zeitung: Ihr größtes Glück im Zusammenhang mit diesen Forschungen wäre ...?

Mössner: Unser größter Wunsch wäre natürlich, genetische Assoziationen zu finden, die unser pathogenetisches Verständnis der Pankreatitis so erweitern und vertiefen, dass eine effizientere Therapie möglich würde.

Derzeit läuft die pathogenetische Erklärung der Pankreatitis ja darauf hinaus, dass es sich um eine Selbstverdauung, eine Autodigestion der Bauchspeicheldrüse handelt aufgrund einer vorzeitigen Aktivierung von Trypsinogen zu Trypsin im Pankreas selbst, nicht erst im Duodenum. Die meisten genetischen Befunde, die wir bislang kennen, passen mehr oder weniger in dieses Gesamtkonzept. Wir wissen aber nicht, weshalb eine akute Pankreatitis einen milden, ödematösen Verlauf oder einen fulminant hämorrhagisch nekrotisierenden Verlauf nimmt. Wir wissen nicht, wann und warum eine Pankreatitis chronisch wird.

Bislang hat man ja bei genetischen Analysen immer nur sogenannte Kandidatengene analysiert. Das heißt: Wenn die Pankreatitis durch vorzeitige Aktivierung durch Trypsin teilweise erklärt ist - und das wissen wir seit über 100 Jahren -, dann ist es natürlich naheliegend, sich die Gene anzusehen, die irgendetwas mit Trypsin oder seiner Hemmung zu tun haben. Und da ist man ja in der Tat auch fündig geworden.

Bei Genomweiten Assoziationsstudien hoffen wir bei dem Kollektiv der Pankreatitis-Patienten vielleicht andere genetische Veränderungen zu finden als bei einem gesunden Kontrollkollektiv oder zum Beispiel bei Patienten mit alkoholischer Leberzirrhose. Diese genetischen Veränderungen, die gefunden werden, kann man dann ja den Proteinen zuordnen, die von den Genen in dieser Region kodiert werden. Das könnte vielleicht neue Mechanismen der Erkrankung finden lassen, die zusätzlich zum Trypsin für die Pathogenese verantwortlich sind. Denn letzten Endes verstehen wir ja bei vielen internistischen Erkrankungen die Pathogenese nur partiell.

Die Fragen stellte Marlinde Lehmann

Veranstaltungstipps:

- Sonntag, der 15. April, Chronische Pankreatitis, 10 - 11.30 Uhr, Halle 5

- Montag, der 16. April, Erkrankungen des Pankreas, 14 - 15.30 Uhr, Halle 1

Infos zum Kongress und Programm: www.dgim2012.de

Professor Joachim Mössner

Aktuelle Position: Direktor der Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie; Department für Innere Medizin, Neurologie und Dermatologie der Uniklinik Leipzig AöR

Forschungsschwerpunkte: Chronische Pankreatitis; Pankreas- und Gallenwegskarzinom; interventionelle Endoskopie; Regulation zellulärer Funktionen des Pankreas sowie Pathogenese der Pankreatitis unter Berücksichtigung genetischer und Umweltfaktoren .

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