Von Pilzen bis Parasiten
Ärzte finden zunehmend exotische Krankheitserreger
Immer mehr Menschen reisen in exotische Länder. Mediziner müssen bei erkrankten Reiserückkehrern daher künftig vermehrt mit außergewöhnlichen Befunden in der Bildgebung rechnen. Dabei gilt es, Klinik und Labor mit typischen radiologischen Zeichen abzugleichen.
Veröffentlicht:Die Reisetätigkeit nimmt international weiter stark zu. Derzeit würden jährlich mehr als eine Milliarde touristische Reisen weltweit gezählt, erklärte Dr. André Lollert von der Universitätsmedizin Mainz beim Deutschen Röntgenkongress in Leipzig. Berufliche Reisen sind dabei noch nicht erfasst.
Infolgedessen steigt hierzulande die Zahl exotischer Infektionskrankheiten. Das Spektrum an Erregern, das Befunde in der Bildgebung auslösen kann, ist vielfältig und reicht von Parasiten und Bakterien bis zu Pilzen und Viren.
Wer bei tropischen Krankheiten zuerst an Malaria denkt, liegt allerdings falsch: Die Malaria-Inzidenz sei in den vergangenen 15 Jahren aufgrund präventiver Maßnahmen deutlich gesunken, erklärte Professor Stephan Gehring von der Universitätsmedizin Mainz.
Dafür breiten sich andere arbovirale Infektionen deutlich aus. „Dengue-Fieber ist die inzwischen die häufigste vektor-übertragene Erkrankung“, sagte Gehring. Weiterhin nehmen Chikungunya-Infektionen zu, ebenso wie Gelbfieber, seltener finden sich ein Rift-Valley- oder ein West-Nil-Fieber.
Bildgebung ermöglicht Differenzialdiagnose
Die Symptomatik dieser verschiedenen Infektionen ist vielfach sehr ähnlich: Fieber, Lethargie, Myalgien, Knochen- und Kopfschmerzen lassen keine Differenzialdiagnose zu. Insofern ist – neben der Labordiagnostik – vielfach die gezielte bildgebende Abklärung gefragt. Häufig zu findende vielzellige Parasiten sind zum Beispiel Schistosomen und Echinokokken, so Lollert. Schistosomen sind in Südamerika, auf dem afrikanischen Kontinent und in großen Teilen Asiens verbreitet.
In der Leber können sie periportale Fibrosen auslösen, die zum Beispiel sonografisch anhand der Echogenität im Gallenblasenbett zu erkennen sind. Komplikationen sind Pfortaderthrombosen, Splenomegalie, Blutungen oder eine Cholangiopathie.
Lollert schilderte den Fall eines Jungen mit urogenitaler Schistosomiasis mit chronischer granulomatöser Entzündung der Harnblasenschleimhaut und teils vitalen, teils kalzifizierten Schistosoma. Echinokokken können rezidivierende Bauchschmerzen auslösen, die zunächst an eine Appendizitis denken lassen.
Die Absiedlungen in der Leber lassen sonografisch teils septierte, teils echoreiche Zysten erkennen. „Wenn man so etwas sieht, sollte man noch einmal die Reiseanamnese erfragen“, lautete ein Tipp von Lollert. Per MRT lassen sich Echinokokkuszysten dann bestätigen, die auch mal in der Lunge oder selten im Gehirn oder im Herzen zu finden sind.
Lollert schilderte außerdem den Fall eines 20-jährigen Patienten, der in Costa Rica eine Höhle besucht hatte, in der Fledermäuse lebten. Jetzt klagte er über schwere Akne und trockenen Husten. Im Röntgenthorax war ein Rundherd im linken Oberfeld aufgefallen, die CT bestätigte diesen sowie weitere Herde. Es handelte sich um eine Histoplasmose, also um eine systemische Erkrankung durch Infektion mit Histoplasma-Arten, vor allem dem Pilz Histoplasma capsulatum.
Kenntnis typischer Erreger ist essenziell
Ein verbreiteter und hochpathogener bakterieller Erreger in Zentralafrika, Südamerika, aber auch Südostasien und Australien ist der Wasserkeim Burkholderia pseudomallei. Er löst besonders bei immungeschwächten Menschen die Melioidose aus (auch Pseudo-Rotz oder Whitmore’s Disease genannt).
Lollert zeigte den Befund eines 10-jährigen Jungen mit multiplen, luftgefüllten Lungennekrosen beidseits, teils mit Abszessbildungen in der Thorax-CT, aber auch Abszessherden im proximalen Femur sowie gluteal. Der Patient konnte erfolgreich intensivmedizinisch und antibiotisch behandelt werden.
In den vergangenen Jahren weltweit bekannt geworden sind die dramatischen hirnstrukturellen Veränderungen und Fehlbildungen bei Neugeborenen, deren Mütter sich in der Schwangerschaft mit dem Zika-Virus angesteckt hatten.
Aus radiologischer Sicht sei die Kenntnis typischer Erreger und deren bildmorphologischer Korrelate essenziell, fasste der Kinderradiologe zusammen. Diese müssen mit klinischen und mikrobiologischen Befunden abgeglichen werden.