Ungesunder Optimismus

Ärzte sorgen sich um Sorglosigkeit

Viele Erwachsene, die als Kinder oder Jugendliche eine Krebserkrankung überstanden haben, sorgen sich wenig um ihre gesundheitliche Zukunft. Zu wenig, die langfristigen Therapierisiken werden auf die leichte Schulter genommen, so eine Studie.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Zu große Sorglosigkeit nach schwerer Krankheit macht Forschern Kopfzerbrechen.

Zu große Sorglosigkeit nach schwerer Krankheit macht Forschern Kopfzerbrechen.

© detailblick-foto / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

MEMPHIS. Ein erschreckender Anteil, nämlich 31 Prozent der erwachsenen Überlebenden von Krebserkrankungen in jungen Jahren machen sich mit Blick auf künftige Erkrankungsrisiken keine Sorgen. Der entsprechende Anteil unter gesunden Vergleichspersonen ist mit 34 Prozent kaum, wenngleich statistisch signifikant höher.

Nimmt man Bedenken für künftige Erkrankungen an bösartigen Tumoren, unterscheiden sich die Quoten der Sorglosen mit 40 Prozent der Krebsüberlebenden und 38 Prozent der Vergleichspersonen auch statistisch nicht. Selbst Überlebende, die relativ hohe Strahlendosen verabreicht bekommen haben (= 20 Gy), geben sich recht zuversichtlich: 35 Prozent der Angehörigen dieser Hochrisikogruppe machen sich keine Gedanken über künftige Tumorleiden, und 24 Prozent haben keine Bedenken hinsichtlich ihrer Gesundheit.

Diese Zahlen hat eine Studiengruppe um Todd Gibson vom St. Jude Children's Research Hospital in Memphis vorgelegt (Cancer 2018, 24: 3436-3444). Die Forscher hatten die Daten einer retrospektiven Kohortenstudie ausgewertet, die von mehr als 15.000 erwachsenen Krebsüberlebenden stammten. Die Teilnehmer waren im Alter von unter 21 an Krebs erkrankt und nun median 26 Jahre alt. Seit der Malignomdiagnose waren im Mittel 17 Jahre vergangen. Die Vergleichsgruppe bildeten knapp 4000 ihrer Schwestern und Brüder.

Anlass zur Sorge

"Der Anteil von sorglosen Überlebenden, die Therapien mit hohem Risiko für Späteffekte ausgesetzt gewesen waren, war erstaunlich hoch", schreiben Gibson und Kollegen mit Blick auf die Resultate ihrer Analyse. Dabei bestünde durchaus ein gewisser Anlass zur Sorge für Frauen und Männer, die eine Krebserkrankung im Kindesalter überstanden haben.

Ihr Risiko, sich eine schwere, beeinträchtigende, lebensbedrohliche oder gar tödliche Erkrankung zuzuziehen, ist laut Zahlen aus der Literatur fünfmal höher als das ihrer Geschwister. Das Risiko für ein malignes Neoplasma ist sechsmal höher als in der Allgemeinpopulation, und jeder fünfte Krebsüberlebende wird in den 30 Jahren nach der Therapie einen Folgetumor entwickeln.

Hindernis für gesundes Verhalten

Manche Überlebende machen sich exzessive Sorgen um ihre Gesundheit. Dabei ist das Risiko für einige tatsächlich gering. Doch das andere Extrem, der Mangel an Bedenken, wo sie berechtigt wären, ist ebenfalls nicht gesund. "Sorglosigkeit gegenüber potenziellen Spätfolgen der Krebstherapie könnte ein Hindernis dafür sein, im eignen Interesse zu handeln und sich gesund zu verhalten", meinen die Autoren.

Es müsse sichergestellt werden, dass Krebsüberlebende mit hohem Risiko für Späteffekte die drohenden Gefahren verstehen und anerkennen. Zumindest einige der Risiken könnten durch Früherkennung und zeitige Intervention entschärft werden. Doch setzt das voraus, dass die Betroffenen sich überhaupt veranlasst sehen, solche Maßnahmen zu ergreifen.

Risiken laut Zahlen aus der Literatur

  • Für Frauen und Männer, die als Kind eine Krebserkrankung überstanden haben, ist das Risiko, sich eine schwere, lebensbedrohliche Erkrankung zuzuziehen, fünfmal höher als das ihrer Geschwister.
  • Das Risiko für ein malignes Neoplasma ist sechsmal höher als in der Allgemeinpopulation.
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