Alzheimer-Diagnostik am Riechkolben

Ein schrumpfender Riechkolben im Gehirn kann schon früh auf eine Alzheimer-Erkrankung deuten. Dabei gilt: Je stärker der Bulbus olfactorius schrumpft, umso schwerer ist die Erkrankung.

Von Ingeborg Bördlein Veröffentlicht:
Immer der Nase nach, auch bei der Demenz-Diagnostik.

Immer der Nase nach, auch bei der Demenz-Diagnostik.

© Foto: Pidjass@www.fotolia.de

HEIDELBERG."Schon bei geringen kognitiven Defiziten zeigt sich im MRT, dass der Bulbus olfactorius signifikant an Volumen verloren hat", so der Heidelberger Psychiater Dr. Phi-lipp Thomann zur "Ärzte Zeitung". Die Volumenmessung des ersten Hirnnerven per MRT könnte ein hilfreicher zusätzlicher Biomarker für eine frühzeitige Alzheimer-Diagnose, ein Therapie-Monitoring sowie ein Indikator für die Schwere der Erkrankung sein. Darauf deuten die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Heidelberg (Journal of Alzheimer's Disease 17, 2009, 213).

Geruchssinn ist früh gestört

Schon länger ist bekannt, dass der Geruchssinn von Alzheimer-Patienten eingeschränkt ist. In Post-mortem-Untersuchungen sind im Riechzentrum des Gehirns tatsächlich hohe Konzentrationen von Amyloidplaques und Neurofibrillen festgestellt worden. Die Heidelberger Wissenschaftler wollten nun wissen, ob sich die Veränderungen im Geruchszentrum bei manifest Demenzkranken und Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (mild cognitive impairment, MCI) in der Bildgebung objektivieren lassen. Mittels hochauflösendem MRT bei einer Feldstärke von 1,5 Tesla wurde das Volumen des Riechkolbens bei 86 Teilnehmern in Zusammenarbeit mit Radiologen am Deutschen Krebsforschungszentrum bestimmt. Ein Drittel der im Schnitt 70 Jahre alten Probanden war gesund, ein Drittel hatte eine MCI und ein Drittel eine manifeste Demenz. Ausgeschlossen wurden Patienten mit schweren somatischen Erkrankungen oder einer Depression.

Nach dem MRT wurde die Hirnstruktur von einem neuroanatomisch versierten Untersucher manuell segmentiert. Der rechte und linke Riechkolben wurde Schicht für Schicht in seiner kompletten Ausdehnung vermessen. Das durchschnittliche Volumen betrug etwa 120 mm3. Das Volumen wurde in Beziehung zur Gesamthirngröße gesetzt und in den verschiedenen Gruppen verglichen. Das größte relative Volumen hatten Gesunde, das kleinste Alzheimer-Patienten. Aber auch bei MCI war der erste Hirnnerv schon signifikant verkleinert.

Der Bulbus olfactorius (Pfeile) im MRT.

Der Bulbus olfactorius (Pfeile) im MRT.

© Foto: Dr. Philipp Thomann

In einem zweiten Schritt wurde mit einem vollautomatischen Messverfahren - der voxelbasierten Morphometrie - überprüft, inwieweit ein verkleinerter Riechkolben mit einer Volumenabnahme anderer Gehirnstrukturen korreliert. Dies war beim mittleren Schläfenlappen tatsächlich der Fall. Das habe man auch erwartet, so Thomann, denn in früheren MRT-Untersuchungen habe man bereits zeigen können, dass der mittlere Temporallappen bei der Alzheimer-Erkrankung schon sehr frühzeitig geschädigt sei. Die aktuellen Befunde deuteten nun an, dass die Atrophie im Riechkolben tatsächlich etwas mit der Alzheimer-Erkrankung zu tun hat, schließt Thomann. Die Riechfunktion selbst wurde in der Studie jedoch nicht untersucht.

Hohe Sensitivität

Die Sensitivität und Spezifität der bildgebenden Methode betrug in der Unterscheidung zwischen den Gesunden und den Alzheimer-Patienten 80 Prozent. Bei einer fixierten Spezifität von 80 Prozent lag die Sensitivität bei MCI-Patienten bei 50 Prozent.

Aufgrund der strukturellen Aufnahme eines Gehirns allein werde man eine Alzheimer-Erkrankung, geschweige denn ihre Vorstufen aber nicht diagnostizieren können, betonte Thomann. Der klinische Befund sei nach wie vor entscheidend. Er sieht den Stellenwert der Volumenmessung vor allem darin, dass sie ein hilfreicher zusätzlicher Marker für die Schwere der Erkrankung sein könnte, zumal das Verfahren nicht sehr aufwendig und für die Patienten kaum belastend sei.

Für die Zukunft könnte man damit einen hirnmorphologischen Marker haben, um den Krankheitsverlauf und auch den Therapieerfolg zu erfassen.

Lesen Sie dazu auch das Interview: Dr. Philipp Thomann: Volumetrische Bildgebung ergänzt Demenz-Diagnostik

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Für die Einarbeitung sollten Neulinge eine feste Ansprechpartnerin im Team haben. (Motiv mit Fotomodellen)

© Manu Reyes / Stock.adobe.com

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten

stiliserte, bunte Symbole für Patientenakten

© savittree / stock.adobe.com

Update

FAQ zur „ePA für alle“

Die elektronische Patientenakte kommt: Das sollten Sie jetzt wissen