Apoplexie: Implantat im Oberschenkel hilft beim Gehen

Münchner Chirurgen haben einem Schlaganfall-Patienten eine Nervenprothese in den Oberschenkel implantiert. Mit deren Hilfe bessert sich das Gangbild deutlich.

Veröffentlicht:
Nervenprothese im Oberschenke: Der Schrittmacher soll die Fußheberschwäche eines Patienten lindern, der nach Schlaganfall eine Halbseitenlähmung hat.

Nervenprothese im Oberschenke: Der Schrittmacher soll die Fußheberschwäche eines Patienten lindern, der nach Schlaganfall eine Halbseitenlähmung hat.

© R. Giunta, LMU Klinikum

MÜNCHEN (eb). Für den Schlaganfall-Patienten Peter F. beginnt in diesen Tagen eine neue Phase in der Bewältigung seines Schlaganfalls. Seit seinem Hirninfarkt vor fünf Jahren leidet der 60-Jährige unter anderem unter einer Halbseitenlähmung mit Fußheberschwäche. Der Allgäuer kann die Füße nicht mehr richtig anheben, wodurch er förmlich über den Boden schleicht. Er muss immer bewusst auf seinen Gang achten und stolpert dennoch regelmäßig über die eigenen Fußspitzen - mit entsprechend hohem Risiko eines Sturzes. Weder Physiotherapie noch eine Spezialschiene halfen dem Patienten, sein Gangbild entscheidend zu verbessern.

Der Schrittmacher misst nur anderthalb Zentimeter

Nun hat ihm Professor Riccardo Giunta vom Klinikum der Universität München eine neue Nervenprothese implantiert. "Wir hoffen, dass der nur anderthalb Zentimeter große Schrittmacher den Defekt entschärfen kann", wird der Chefarzt der Handchirurgie, Plastischen Chirurgie und Ästhetischen Chirurgie der Ludwig-Maximilians-Universität München in einer Mitteilung der Uni zitiert.

Die Münchner Forscher arbeiten seit längerem an der Schnittstelle Mensch-Maschine, etwa nach Amputationsverletzungen der Hand und des Armes oder nach peripheren Nervenlähmungen. Das Ziel: HighTech-Lösungen, die verloren gegangene Nervenfunktionen nach schweren Verletzungen wiederherstellen und eine bessere Anbindung von neuen Handprothesen an das Nervensystem ermöglichen.

Etwa 250.000 Menschen jährlich erleiden in Deutschland einen Schlaganfall. Bei den Patienten mit Fußheberschwäche durch den Schlaganfall sind - bedingt durch die fehlende Ansteuerung aus dem Gehirn - jene Muskeln in den Beinen teilweise gelähmt, die das Anheben des Fußes kontrollieren. Der kontrollierende Nerv in den Beinen - Nervus peroneus - ist allerdings noch intakt. Er gibt beim Gehen die nötigen Signale in den Fuß.

Manschetten-Elektrode wird um den Nerv gelegt

Die Idee der Münchner: Den Nerv mit elektrischen Signalen zu stimulieren und damit die nicht mehr vorhandene Steuerung aus dem Gehirn zu ersetzen. Giunta hat mit seinem Team eine von einer europäischen Firma eigens für diesen Zweck angefertigte Manschetten-Elektrode um den Nervus peroneus implantiert. Keine triviale Aufgabe, so der Chirurg. Denn der Ort der Implantation muss haargenau gewählt sein, und der nur anderthalb Zentimeter große Schrittmacher an die individuellen Bedingungen angepasst werden, damit das System funktionieren kann. Der knapp eine Stunde dauernde Eingriff verlief reibungslos.

An den Fersen trägt der Patient jetzt einen Drucksensor, der beim Abheben des Fußes einen Impuls an den in den Oberschenkel eingepflanzten Schrittmacher schickt. Der wiederum aktiviert über ein Kabel den Nervus peroneus. Daraufhin kontrahiert der Muskel bei jedem Schritt und hebt den Fuß an. Das Neuroimplantat wird von einem Gerät mit Energie versorgt, das der Patient am Gürtel trägt.

"Wir nutzen die natürlichen biologischen Möglichkeiten aus, um das Gangbild zu verbessern", so Giunta. Bisher gab es weltweit nur wenige solcher Implantationen. Nach ersten Erfahrungen normalisiert und automatisiert sich der Gang deutlich; die Patienten werden zudem sicherer. Der Patient wird in den kommenden Wochen und Monaten verstärkt üben, damit die Forscher die Einstellung des Gerätes optimieren können und er seinen Gang so rhythmisch wie möglich gestalten kann.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
PAP senkt Mortalität signifikant

© ResMed

Lancet: Neue Meta-Analyse

PAP senkt Mortalität signifikant

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Wie UKPS den Weg zurück in die Therapie öffnet

© ResMed

PAP scheitert oft

Wie UKPS den Weg zurück in die Therapie öffnet

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Schlafstörungen als Warnsignal

© shapecharge | iStock

Früherkennung Demenz

Schlafstörungen als Warnsignal

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Abb. 1: Phenylketonurie – Phenylalanin-Zielwerte und Monitoring während der Lebensphasen

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [2, 3]

Enzymersatztherapie der Phenylketonurie

Pegvaliase: anhaltendes Ansprechen, flexiblere Ernährung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: BioMarin Deutschland GmbH, Kronberg am Taunus
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Lungensurfactant

Warum Seufzen der Atmung gut tut

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren