GEDA-Studie

Armutsregionen als Diabetes-Risiko

Niedriges Einkommen in einer Region, hohe Arbeitslosigkeit und ein desolates Wohnumfeld sind Risikofaktoren für Diabetes und Adipositas. Gefährdet sind selbst die Menschen, denen es gut geht.

Veröffentlicht:
Platte: Ein schlechtes Omen?

Platte: Ein schlechtes Omen?

© kallejipp / shotshop.com

BERLIN. Wer in Deutschland in einer sozioökonomisch benachteiligten Region lebt, hat ein erhöhtes Risiko für Diabetes und Adipositas.

Die Erkrankungsgefahr ist bei den Bewohnern solcher Regionen auch unabhängig vom individuellen Sozialstatus erhöht, berichten Wissenschaftler vom Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen (IGM) am Helmholtz Zentrum München (HMGU) und der Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin (PLOS one 2014; online 27. Februar).

Die Autorengruppe hat Daten von bundesweit über 33.000 Personen im Alter ab 30 Jahren ausgewertet. Die Probanden hatten 2009 und 2010 an den telefonischen Gesundheitsbefragungen "Gesundheit in Deutschland Aktuell (GEDA)" des RKI teilgenommen.

In sozioökonomisch benachteiligten Regionen leiden die Bewohner überdurchschnittlich häufig an Diabetes und Übergewicht, berichten die Institutionen in einer Mitteilung. Die "regionale Deprivation" wurde dabei anhand des "German Index of Multiple Deprivation" (GIMD) ermittelt.

In definierten Gebieten werden hierfür regional verfügbare Informationen zu Einkommen, Beschäftigung, Bildung, kommunalen Einnahmen, Sozialkapital, Umwelt und Sicherheit ausgewertet.

Die einzelnen Regionen wurden dabei anonymisiert. Einbezogen in die Analyse wurden zudem individuelle Risikofaktoren, wie Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index, Rauchen, Bewegung, Bildung und Leben in einer Partnerschaft.

Das Ergebnis: In den Regionen mit der höchsten Benachteiligungs-Kategorie (Deprivation) lag die Häufigkeit eines Typ-2-Diabetes bei 8,6 Prozent der Befragten und für Adipositas bei 16,9 Prozent, im Vergleich zu 5,8 und 13,7 Prozent der Befragten in nur wenig deprivierten Regionen.

Die Forscher haben zudem Unterschiede in den individuellen Faktoren überprüft. Demnach hatten Männer und Frauen in den Gebieten mit der höchsten Deprivation im Vergleich zu den am wenigsten benachteiligten Gebieten noch eine um rund 20 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit für Typ-2-Diabetes. Für Adipositas war dieses Risiko im Vergleich sogar um fast 30 Prozent erhöht.

Hohe regionale Deprivation war insbesondere bei Frauen ein unabhängiger Einflussfaktor für Diabetes und Adipositas. Bei Männern wurde ein statistisch signifikanter und unabhängiger Zusammenhang nur für Adipositas, nicht aber für Diabetes nachgewiesen.

Bisherige Untersuchungen zu regionalen Faktoren im Zusammenhang mit Diabetes und Adipositas waren unbefriedigend, so die Forscher. So sei etwa der individuelle sozioökonomische Status verfälscht gewesen oder man habe nur regional begrenzte oder nicht aus Deutschland stammende Daten verwendet.

"Räumliche Risikofaktoren sind ein wichtiger Ansatzpunkt, um regionalspezifische, effektive Präventionsmaßnahmen zu erarbeiten", wird der federführende Autor der Studie, Werner Maier vom HMGU, in der Mitteilung zitiert.

Von Diabetes mellitus sind nach Ergebnissen des bundesweiten Gesundheitsmonitorings deutschlandweit aktuell rund sechs Millionen Personen über 18 Jahre betroffen, an Adipositas leiden sogar mehr als doppelt so viele Erwachsene. (eis)

Ihr Newsletter zum Thema
Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Zwei Phase-III-Studien gescheitert

Semaglutid offenbar wirkungslos gegen Alzheimer

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt