Asthma, COPD & Co breiten sich global aus

Das Jahr 2010 haben die großen internationalen Lungengesellschaften als das "Year of the Lung" ausgerufen. Damit soll auf die weltweit wachsende Bedeutung der Lungenkrankheiten aufmerksam gemacht werden.

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Von Claus Vogelmeier, Klaus F. Rabe und Robert Loddenkemper

Dass Defizite auf dem Gebiet der Pneumologie nicht nur in Deutschland bestehen, zeigt die Initiative der großen internationalen Lungengesellschaften, die 2010 zum "Year of the Lung" ausgerufen haben. In ihrer Deklaration weisen sie darauf hin, dass weltweit hunderte von Millionen Menschen an im Prinzip behandelbaren und vermeidbaren Lungenerkrankungen leiden und sterben.

Wenig bekannt ist, dass von den globalen Todesursachen die Lungenkrankheiten mit chronisch-obstruktiver Lungenkrankheit (COPD), Pneumonie, Lungenkrebs und Tuberkulose mit mehr als zehn Millionen Todesfällen jährlich fast 20 Prozent ausmachen und damit sogar noch vor den kardiovaskulären Krankheiten liegen. Tödliche Synergien bestehen zwischen Krankheiten wie Tuberkulose und HIV/AIDS, Influenza und Asthma, COPD und Lungenkrebs.

Die Kosten für Lungenkrankheiten durch erhöhte Ausgaben für die Gesundheitsversorgung und durch den Verlust an Produktivität belaufen sich auf Milliarden von Dollars. Für Europa allein werden sie auf jährlich mehr als 100 Milliarden Euro geschätzt. Dennoch bleiben öffentliche Forderungen und politisches Engagement bislang unzureichend, um eine signifikante Änderung zu bewirken.

Lungenleiden sind weltweit auf dem Vormarsch. 2010, im "Year of the Lung" soll darauf aufmerksam gemacht werden.

Lungenleiden sind weltweit auf dem Vormarsch. 2010, im "Year of the Lung" soll darauf aufmerksam gemacht werden.

© Sebastian Kaulitzki / fotolia.com

Dieser Trend ist bei vielen chronischen Erkrankungen, etwa auch beim Diabetes mellitus und bei kardiovaskulären Erkrankungen, zu beobachten und hat bereits zu einem merklichen Umdenken in der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Umgang mit nicht ansteckenden Krankheiten (non-communicable diseases, NCD) geführt.

Die jetzige internationale Initiative des "Year of the Lung" hat eine Reihe von spezifischen Themen aufgegriffen, welche in großen Teilen sicherlich auch für Deutschland relevant sind.

  • Der globale Umgang mit Tabak und die Verlagerung des Konsums in Länder mit mittleren und niedrigen Einkommen ist eine weltweite Herausforderung. Während Tabakkonsum einerseits legal ist, fordert er andererseits geschätzte 5 Millionen Tote pro Jahr, einschließlich der 1,3 Millionen Lungenkrebsopfer, wenn man hierbei lediglich die direkten Folgen des aktiven Rauchens zugrunde legt.
  • Zur Behandlung bei Tuberkulose sind seit Jahrzehnten keine wirklich neuen Medikamente entwickelt worden. Dennoch gab es im Jahr 2008 über neun Millionen Tuberkulose-Neuerkrankungen, und diese im Prinzip behandelbare Krankheit forderte fast zwei Millionen Todesopfer.
  • Pneumonien sind Todesursache von jährlich mehr als zwei Millionen Kindern im Alter unter fünf Jahren.
  • Von den 250 000 Asthma-Todesfällen weltweit pro Jahr können viele auf inadäquate Behandlung zurückgeführt werden.
  • Obwohl die COPD nach Schätzungen bis zum Jahr 2020 weltweit die dritthäufigste Todesursache sein wird, wird die Erkrankung immer noch häufig zu spät oder gar nicht erkannt.
  • Schließlich führt die Deklaration an, dass beinahe die Hälfte der Weltbevölkerung in Gebieten mit schlechter Luftqualität lebt, die eine direkte Ursache einer Vielzahl von chronischen Lungenerkrankungen darstellt. Vier Milliarden Menschen sind chronisch allein so genannter Biomasse gegenüber exponiert, vorwiegend durch den häuslichen Gebrauch fossiler Brennstoffe.

Die internationale Initiative des "Year of the Lung" setzt auf internationale Partnerschaften und unterstützt unter anderem die erste echte internationale Public Health-Initiative: die WHO-Deklaration zur Kontrolle des Tabakkonsums, die von mehr als 160 Ländern, einschließlich Deutschland, unterzeichnet, aber längst noch nicht vollständig umgesetzt wurde.

Ebenfalls fordert sie adäquate Forschungsförderung und die Entwicklung neuer Instrumente und Methoden zur Diagnostik und Behandlung, von Impfstoffen und innovativen Medikamenten sowie die Unterstützung der Gesundheitssysteme zur Ermöglichung einer ausgewogenen und gerechten Krankheitsversorgung für alle. Darüber hinaus wird die politische Forderung zur gesetzlichen Regelung des Rechts auf saubere Luft zum Atmen angemahnt.

Schließlich will die Initiative nachhaltig dazu beitragen, dass alle - Laien, Politiker, Gesetzesmacher, Ausbilder und Lehrer, auch religiöse Führer - sich der Risiken und Zeichen von Lungenerkrankungen bewusst werden.

Professor Claus Vogelmeier ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) Professor Klaus F. Rabe ist Vizepräsident der European Respiratory Society (ERS) Professor Robert Loddenkemper ist Past-Präsident der DGP und der ERS

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