Bundesausschuss plant neue Leistungsausschlüsse für Hautkranke
BERLIN (HL). Bei der geplanten Novellierung der Arzneimittel-Richtlinien will der Gemeinsame Bundesausschuss kortisonhaltige Kombinationsarzneimittel zur topischen Anwendung von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der Krankenkassen ausschließen. Dagegen wehren sich nun Dermatologen und Patientengruppierungen.
Veröffentlicht:Noch ist die neue Richtlinie nicht in Kraft. Den Richtlinienentwurf, wie er im März vom Bundesausschuss beschlossen worden ist, wurde Beteiligten und Betroffenen zugeleitet, die nun Gelegenheit zur Stellungnahme haben - eine mündliche Anhörung ist jedoch nicht vorgesehen.
Von dem Verordnungsausschluss betroffen wären etwa vier Millionen Patienten, die unter Hautkrankheiten leiden. Im vergangenen Jahr bezahlten die Kassen für die Kortisonkombinationen in Salbenform knapp 58 Millionen Euro. Der Bundesausschuss begründet seine Entscheidung mit der Behauptung, kortisonhaltige Kombinationen seien "kein Therapiestandard nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse". Die Regelung diene der Präzisierung der Wirtschaftlichkeit und der Qualitätssicherung. Der Erkenntnisstand des Bundesausschusses sei falsch und veraltet, so Professor Matthias Augustin gestern in Berlin. Der Leiter des Competenzzentrums Versorgungsforschung in der Dermatologie (Hamburg) weist auf randomisierte klinische Studien der besten Evidenzstufe sowie auf die S-3-Leitlinie der dermatologischen Fachgesellschaft hin. Der Bundesausschuss ignoriere die Aussagen der Europäischen Arzneimittelagentur und des Arznei-Verordnungsreports zur pharmakologischen und galenischen Sinnhaftigkeit einer Kombination von Kortison und Harnstoff. Eine im vergangenen Jahr mit 2009 Patienten vorgenommene Versorgungsstudie habe gezeigt, dass die Kombinationstherapie weniger Behandlungsaufwand erfordert, für Patienten einfacher anzuwenden ist und deshalb die Compliance und damit das Therapieergebnis verbessert. Die Kosten für die Kassen seien überdies geringer als in einer kombinierten Therapie mit Monopräparaten.
Patienten, die schon jetzt die rezeptfreien Arzneien selbst bezahlen müssen, befürchten neue finanzielle Belastungen.