Diabetiker mit KHK

Bypass schlägt Stent

Welche Revaskularisierung ist für Diabetiker mit fortgeschrittener KHK die beste? Eine neue Studie liefert ein deutliches Ergebnis.

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Bypass-Op: Für Diabetiker mit fortgeschrittener KHK die bessere Option.

Bypass-Op: Für Diabetiker mit fortgeschrittener KHK die bessere Option.

© Kalewa / shutterstock.com

LOS ANGELES (ob). Die Diskussion darüber, ob bei koronarer Mehrgefäßerkrankung die Bypass-Op oder der Koronarstent die beste Option für eine Revaskularisierung ist, erhitzt die Gemüter von Herzchirurgen und interventionellen Kardiologen schon seit geraumer Zeit.

Dabei ging es nicht zuletzt um die Patientengruppe der Diabetiker, bei denen infolge einer diffusen Koronarsklerose häufig eine Mehrgefäßerkrankung mit komplexen Läsionen besteht.

Eigentlich hatten die Herzchirurgen bei dieser Risikogruppe schon immer die besseren Argumente. So konnte bereits vor einiger Zeit in der BARI-Studie gezeigt werden, dass die perkutane Koronarintervention (PCI) bei Diabetikern im Vergleich zur chirurgischen Revaskularisierung mit einer um 15 Prozent höheren Mortalität assoziiert war.

Weitere Studien und eine darauf basierende Metaanalyse gingen in die gleiche Richtung.

Die BARI-Ergebnisse veranlassten das National Heart Blood and Lung Institute (NHLBI) in den USA vor 17 Jahren zur Veröffentlichung eines "klinischen Warnrufs", der die höhere Überlebensrate als Vorteil der Bypass-Op bei Diabetikern nachdrücklich ins Bewusstsein rufen wollte.

Fortschritte in der Stent-Technologie

Interventionelle Kardiologen zeigten sich davon wenig beeindruckt. Ihnen kam argumentativ immer wieder die rasante Entwicklung in der Stent-Technologie zur Hilfe.

Kaum war eine Studie zum Vergleich von Bypass und Stent beendet, hatte sich in der Praxis bereits die nächste und vermeintlich bessere Stent-Generation etabliert - womit die vorherige Studie in den Augen von Kardiologen eben nicht mehr up to date war.

Eine solche Argumentation zur Relativierung ihrer Ergebnisse dürfte im Falle der FREEDOM-Studie schwerfallen. Ihre mit Spannung erwarteten Ergebnisse sind jetzt beim Kongress der American Heart Association in Los Angeles vorgestellt worden.

Für FREEDOM sind 1900 Diabetiker mit angiografisch gesicherter koronarer Mehrgefäßerkrankung - darunter 83 Prozent mit 3-Gefäßerkrankung - ausgewählt worden.

Alle waren auf eine aggressive medikamentöse Therapie eingestellt und wurden dann entweder einer Bypass-Op oder einer PCI mit Implantation von Drug-Eluting Stents (DES) unterzogen.

Die Bilanz nach fünf Jahren: Mit 18,7 versus 26,6 Prozent war die Gesamtrate der primären Endpunktereignisse (Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall) in der Bypass-Gruppe signifikant niedriger als in der PCI-Gruppe.

Den Ausschlag dafür gab eine jeweils signifikante relative Reduktion sowohl der Herzinfarktrate (6,0 versus 13,9 Prozent) als auch der Gesamtsterberate (10,9 versus 16,3 Prozent) durch die Bypass-Op.

Ein Unterschied zugunsten der chirurgischen Behandlung wurde erstmals nach etwa Jahren erkennbar, danach ging die Schere zwischen beiden Gruppen bei der Ereignisrate immer weiter auseinander.

Die Bypass-Op war allerdings im Vergleich zur PCI mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle assoziiert, wobei die meisten Ereignisse innerhalb der ersten 30 Tage nach der Operation auftraten. In der Nettobilanz überwog dennoch klar der Nutzen dieser Therapie.

Bei der kardiovaskulären Mortalität ergab sich nur ein nicht signifikanter Trend zugunsten der koronarchirurgischen Behandlung (6,8 versus 10,9 Prozent).

Auch SYNTAX-Daten stützen Bypass als beste Wahl

Starken Rückenwind verschafft den Koronarchirurgen im Übrigen auch die SYNTAX-Studie, deren 5-Jahres-Ergebnisse jüngst präsentiert worden sind.

Auch in SYNTAX sind beide Methoden der Revaskularisation bei Patienten mit 3-Gefäßerkrankung und/oder Hauptstammstenose vergleichen worden, wobei Diabetiker in dieser Studie nur eine Subgruppe bildeten.

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass 70 bis 80 Prozent aller KHK-Patienten mit 3-Gefäßerkrankung mit der Bypass-Op prognostisch besser fahren als mit einer PCI. Nur bei einer Minderheit mit niedrigem Risiko ist die PCI eine mögliche Alternative zur Operation.

Allerdings hat SYNTAX inzwischen auch gezeigt, dass das nicht unbedingt für Patienten mit Hauptstammstenose gilt.

Für diese Gruppe ist die PCI nach den SYNTAX-Daten nicht nur bei ei niedrigem, sondern auch bei intermediärem Risiko eine Alternative, die ebenso gute, wenn nicht sogar bessere Ergebnisse verspricht als die Operation. Für Patienten mit Hauptstammstenose und hohem Risiko ist allerdings ohne Frage die Bypass-Op die beste Wahl.

Patienten mit Hauptstammstenose waren von der FREEDOM-Studie ausgeschlossen.

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