Cholinesterase-Hemmer bremst auch schwere Alzheimer-Demenz

TORONTO (ner). Auch bei schwerer Alzheimer-Demenz hat eine Therapie mit Cholinesterase-Hemmer positive Effekte: Die kognitive Funktion ließ sich in einer Studie mit Donepezil für mindestens sechs Monate stabilisieren.

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Cholinesterase-Hemmer sind in Deutschland bisher nur bei leichter und mittelschwerer Alzheimer-Demenz zugelassen. Inzwischen gibt es aber auch Studien, die eine Wirksamkeit bei schwerer Demenz belegen. Eine solche Studie mit Donepezil (Aricept®) wurde jetzt in der Zeitschrift "Neurology" (69, 2007, 459) publiziert. 343 Patienten mit schwerer Alzheimer-Demenz nahmen teil.

Ihr Ausgangswert im Mini-Mental-Status-Test (MMST) lag bei durchschnittlich 7,5 Punkten. Zum Vergleich: Gesunde haben 30 Punkte, bei 10 und weniger Punkten besteht eine schwere Demenz. Die Studienteilnehmer erhielten ein halbes Jahr lang 10 mg Donepezil oder Placebo, berichten Dr. Sandra E. Black aus Toronto in Kanada.

Gemessen wurde der TherapieEffekt mit der 100-Punkte-Skala SIB (Severe Impairement Battery), ein Instrumentarium, um schwere Beeinträchtigungen zu messen (0 Punkte: schwerste Demenz). Zu Beginn lag der Wert in beiden Gruppen bei 65 Punkten. In der Verum-Gruppe stieg der SIB-Wert zunächst um durchschnittlich etwa drei Punkte, bevor er gegen Ende des halben Jahres wieder fiel. In der Placebo-Gruppe war dagegen ein kontinuierlicher Abfall des SIB-Wertes zu beobachten. Am Ende betrug die Punktedifferenz durchschnittlich 5,3.

Mit Donepezil könne also die kognitive Funktion für mindestens sechs Monate stabilisiert werden, argumentieren Black und ihre Kollegen. Auch die klinische Gesamtbeurteilung fiel zugunsten der Verum-Gruppe aus. Bei den Aktivitäten des täglichen Lebens sowie bei Verhaltensstörungen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen.

Diese Ergebnisse bestätigen andere Studienresultate mit der Arznei. Donepezil ist deshalb in den USA bereits bei schwerer Alzheimer-Demenz zugelassen worden (wir berichteten). In der EU läuft das Zulassungsverfahren seit Anfang 2007.



STICHWORT

Schweregrade

Die Alzheimer-Demenz wird in drei Schweregrade eingeteilt:

Leicht: Gedächtnisprobleme, zeitliche Orientierung und Selbstständigkeit eingeschränkt, Mini-Mental-Status-Test (MMST) unter 24 Punkten

Mittel: Gedächtnisstörung, zeitliche und räumliche Desorientierung, Erkennungs- und Sprachstörungen, MMST unter 20 Punkten

Schwer: Gedächtnis- und Sprachzerfall, Verlust der Alltagskompetenz, vollständige Pflegebedürftigkeit, MMST unter 10 Punkten (eb)

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