Darmkrebs: DNA-Test punktet beim Screening

Ein neuartiger DNA-basierter Stuhltest ist beim Darmkrebs-Screening dem immunologischen Okkultbluttest zumindest teilweise überlegen. Mit dem Verfahren wurden mehr Karzinomfrühstadien korrekt diagnostiziert, es führte aber auch zu mehr falsch-positiven Befunden.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Darmkrebs-Vorstufe Polyp in der Koloskopie. Ein neuer DNA-Test besticht durch seine Nicht-Invasivität und eine hohe Sensitivität.

Darmkrebs-Vorstufe Polyp in der Koloskopie. Ein neuer DNA-Test besticht durch seine Nicht-Invasivität und eine hohe Sensitivität.

© Sasa I. / panthermedia.net

INDIANAPOLIS. Ein einfach zu handhabender, nicht invasiver Test, der sowohl kolorektale Karzinome als auch deren Vorstufen zuverlässig entdeckt - das ist derzeit noch eine Wunschvorstellung.

Mit der Entwicklung eines neuen DNA-basierten Stuhltests, der krebsspezifische Genmutationen und okkultes Blut erkennt, ist man diesem Ziel ein Stück nähergekommen. Der "Cologuard" spricht auf mehrere genetische Aberrationen an: methylierte BMP3-Promoter-Regionen, K-RAS-Mutationen und auf das Referenzgen Beta-Actin.

Enthalten ist außerdem ein Immunassay auf Hämoglobin. Thomas F. Imperiale und sein Team von der Universität Indiana haben die Neuentwicklung nun gegen einen immunologischen Test auf okkultes Blut (iFOBT) ins Rennen geschickt (NEJM 2014; online 19. März).

Beide Verfahren wurden zwischen Juni 2011 und November 2012 im Rahmen eines Darmkrebs-Screenings bei asymptomatischen US-Amerikanern und Kanadiern im Alter zwischen 50 und 84 Jahren eingesetzt.

Knapp 10.000 Menschen hatten in 90 Praxen und Zentren teilgenommen; sie alle hatten eine Stuhlprobe abgegeben und sich danach innerhalb von 90 Tagen einer Koloskopie unterzogen.

Diese ergab bei 65 Teilnehmern die Diagnose "Darmkrebs", in 60 Fällen die Stadien I-III. Bei 757 Patienten wurde eine fortgeschrittene präkanzeröse Läsion befundet.

Der DNA-Test erfasste 92,3 Prozent der Krebsfälle sowie 42,4 Prozent der relevanten Vorstufen korrekt. Von den hochgradigen Dysplasien wurden mit dem neuen Verfahren 69,2 Prozent aufgedeckt, bei den sessilen serratierten Polypen von über 1 cm Durchmessser waren es 42,4 Prozent.

Ältere DNA-Tests liefern Detektionsraten von 50 Prozent für invasive Karzinome und von 20 Prozent für fortgeschrittene Adenome. Der Pferdefuß des neuen Gentests ist seine geringe Spezifität: Sie wird mit 86,6 Prozent angegeben.

Deutlich niedriger als beim DNA-Test lag die Detektionsrate des iFOBT mit 73,8 Prozent der Karzinome. Wenig zuverlässig war der iFOBT vor allem bei den hochgradigen Dysplasien; hier lag die Sensitivität bei 46,2 Prozent.

iFOBT mit hoher Spezifität

Vorstufen wurden nur in 23,8 Prozent erkannt, bei den sessilen serratierten Polypen waren es 5,1 Prozent. 13 von 60 Karzinomen, die im DNA-Test aufgefallen waren, hatte der iFOBT nicht erfasst, das Gleiche gilt für 170 von 757 fortgeschrittenen präkanzerösen Läsionen.

Der iFOBT bestach vor allem durch seine hohe Spezifität von 94,9 Prozent. Für die Erkennung eines kolorektalen Karzinoms betrug der Unterschied zum DNA-Test 6,6 Prozentpunkte, für die Erkennung einer Krebsvorstufe 8 Prozentpunkte.

Imperiale und Kollegen weisen allerdings auf die umgekehrte Korrelation zwischen der Spezifität des DNA-Tests und dem Alter des Screening-Kandidaten hin: So stieg die Rate der richtig negativen Ergebnisse bei den jüngeren Teilnehmern zwischen 50 und 64 Jahren auf 91,5 Prozent.

Imperiale et al. errechneten, dass man, um einen Krebsfall zu diagnostizieren, mit dem DNA-Test 166 Menschen screenen müsste, mit dem iFOBT dagegen 208. Die entsprechende Zahl läge für die Koloskopie bei 154.

Die Rate der Früherkennung in heilbaren Krebsstadien (I-III) war mit dem DNA-Test im Vergleich zum iFOBT um relative 27 Prozent gestiegen. Deutlich größer war der Zugewinn bei den relevanten Krebsvorstufen: Hier lag der Anstieg der Detektionsrate gar bei 78 Prozent.

Für die Wissenschaftler sind die Nicht-Invasivität und die hohe Sensitivität bei einmaliger Anwendung klare Argumente für das Darmkrebs-Screening mit dem neuen DNA-Test. Über Testintervalle und -Design müsse man sich noch Gedanken machen; Imperiale vermutet, dass man die Frequenz auf weniger als einmal jährlich senken könnte.

Auch ein Expertenteam der US-Arzneizulassungsbehörde FDA hat sich mittlerweile für den "Cologuard" ausgesprochen: Dessen Nutzen, ließ die Fachgruppe Ende März verlauten, überwiege die Risiken, die für die Patienten in Form von falsch positiven Befunden entstünden.

Herkömmliche Methoden wie "Hämoccult" und iFOBT verlassen sich auf die Detektion von Blut. Nicht alle Läsionen gehen jedoch mit einer Blutung einher. In den USA steht zu erwarten, dass der neue Gentest in Bälde zugelassen wird.

In Deutschland ist keine derartige Neuerung im Sicht. Für das Darmkrebs-Screening wird hierzulande nach wie vor ab dem 50. Lebensjahr der jährliche Okkultbluttest sowie ab 55 Jahren eine Darmspiegelung empfohlen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Der Stuhltest, der mehr kann

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Durvalumab im Real-World-Vergleich

© Springer Medizin Verlag

ED-SCLC

Durvalumab im Real-World-Vergleich

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Wissenschaft in Medizin übertragen

© Regeneron

Forschung und Entwicklung

Wissenschaft in Medizin übertragen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Regeneron GmbH, München
Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

© Oleh / stock.adobe.com

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt