Dem Qualitätsmodell fehlen harte Erfolgsdaten

HANNOVER (cben). Kennzeichnend für das "Qualitätsmodell Integrierte Schlaganfallversorgung" (QuIS) der Deutschen Stiftung Schlaganfallhilfe ist das Bemühen, alle Akteure und Abläufe der Patientenversorgung unter einen Hut zu bekommen. Doch was bringt das Modell dem Patienten?

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Beim Deutschen Schlaganfall-Kongress, bei dem das Qualitätsmodell vorgestellt wurde, gab es in der Diskussion des Konzeptes auch kritische Stimmen. "Wir brauchen messbare Ergebnisse", forderte beispielsweise Professor Werner Hacke, Ärztlicher Direktor der Neurologischen Universitäts-Klinik in Heidelberg.

"Ich habe bei QuIS die Evaluation vermisst. Wir brauchen Angaben zu Überlebenszeit der Patienten, zu Rezidiven und meinetwegen auch Kosten, aber die Fülle von Endpunkten, wie QuIS sie vorsieht, ist zu groß", sagte Hacke.

Es werde keine Kontrollgruppe geben, antwortete Charlotte Kögerl, Leiterin des Schlaganfallmanagements der Deutschen Stiftung Schlaganfallhilfe. "Wir können keinem Patienten in einer Kontrollgruppe die Hilfe vorenthalten. QuIS ist kein Studienprojekt", stellte Kögerl klar. Hacke indessen schlug vor, eine Patientengruppe über eine so genannte Coordination-Nurse mit QuIS zu versorgen und bei einer anderen Gruppe den Patienten die bisher übliche Versorgung zukommen zu lassen. "Hinterher wird dann verglichen", so Hacke. "Wir müssen Evaluieren", räumte Kögerl ein, "aber wie, das wissen wir noch nicht."

Auch die Heterogenität des QuIS- Konzeptes wurde vom Publikum in Hannover hinterfragt. Kögerl verteidigte das Modell: "Wir müssen die Sektorengrenzen in der Schlaganfall-Versorgung überwinden. Deshalb gibt es QuIS nur am Stück und nicht gestückelt."

Damit lief sie bei Hans Adolf Müller, bei der Knappschaft Bahn-See zuständig für das Gesundheitsmanagement, offene Türen ein. Allerdings: "Das Problem für uns sind nicht in erster Linie die Kosten, sondern die Frage, wie attraktiv ein auf QuIS basierender Vertrag für Ärzte, Kliniken und Patienten ist. Wenn nicht alle profitieren, wird sich niemand einem solchen Vertrag anschließen", sagte Müller

Dr. Diethard Sturm vom Institut für hausärztliche Fortbildung dürfte vielen Niedergelassenen aus dem Herzen gesprochen haben: "Mir fehlt bei QuIS das Ende der Behandlungskette. Denn in der Nachsorge sind es schließlich die Hausärzte mit ihrer budgetierten Versorgung, die mit den Patienten 20 Jahre allein sind."

QuIS durchleuchtet die Versorgungskette

Der Schlaganfall ist eine Erkrankung mit den höchsten Folgekosten im Gesundheitssystem überhaupt. Die Deutsche Stiftung Schlaganfallhilfe hat deshalb ein Modell-Konzept zur integrierten Versorgung von Schlaganfallpatienten entwickelt, das "Qualitätsmodell Integrierte Schlaganfallversorgung" (QuIS).

Bis zu 70 Prozent aller Schlaganfälle könnten vermieden werden, so die Stiftung. Wegen der zersplitterten Versorgungslandschaft wird diese Quote aber nicht erreicht. Bis zum Jahr 2025 werden Menschen in Deutschland etwa 3,4 Millionen Mal einen Schlaganfall erleiden. Die Behandlungskosten dafür würden 108 Milliarden Euro betragen.

55 Experten unterschiedlicher Fachrichtungen haben daher ehrenamtlich QuIS auf die Beine gestellt. Es durchleuchtet und strukturiert die Versorgungskette von der Primärprävention bis zur Nachsorge anhand von fünf Modulen: Zielsystem, Versorgungskonzept, Steuerungssystem, Umsetzungskonzept und Datenmodell.

So sind zum Beispiel bisher 32 Qualitätsziele bestimmt worden, beispielsweise, "dass mehr Schlaganfallpatienten innerhalb der ersten drei kritischen Stunden nach Symptombeginn eine adäquate Therapie erhalten", erklärte Dr. Bernd Deckenbach vom Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES). Detailliert werden dafür "zeitkritische Teilprozesse" der Versorgung aufgezeigt, außerdem wurde ein genaues Dokumentations- und Datenmodell entwickelt.

"Am Ende soll eine Art Rahmenvertragsmodell stehen, das Krankenkassen und Leistungserbringern Hilfe bei der Realisierung von integrierten Versorgungsverträgen für Schlaganfall-Patienten gibt", so Deckenbach. (cben)

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