Risiko für Ehepartner

Diabetes im Doppelpack

Wissenschaftler aus Kanada empfehlen, die Diabetesdiagnose des einen Ehepartners immer auch als Signal für ein erhöhtes Risiko beim anderen zu werten. In ihrer Metaanalyse stieg das Risiko um 26 Prozent, wenn der Partner bereits unter der Stoffwechselstörung litt.

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Älteres Ehepaar: Hat er Diabetes, steigt ihr Risiko dafür mit.

Älteres Ehepaar: Hat er Diabetes, steigt ihr Risiko dafür mit.

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MONTREAL. Folgende Frage wollten die Forscher um Aaron E. Leong vom McGill University Health Care Center in Montreal beantworten: Haben Ehepartner von Diabetespatienten ein erhöhtes Risiko, ebenfalls an Diabetes zu erkranken?

In die Metaanalyse der kanadischen Wissenschaftler flossen Daten aus fünf Studien mit insgesamt über 75.000 Paaren ein. Das gepoolte Ergebnis der Analyse: eine Effektstärke von 1,26, bereinigt um den Einflussfaktor Alter. Der Effekt schwächte sich etwas ab, blieb aber relevant, wenn man den BMI - für sich genommen ein wichtiger Diabetes-Risikofaktor - herausrechnete (Effect estimate 1,18).

Was die Metaanalyse limitiert, ist die Tatsache, dass die untersuchten Kollektive und auch die gemessenen Parameter recht heterogen waren. Die Studien stammten aus Asien, den USA, Großbritannien, Afrika und Schweden (BMC Medicine 2014, 12: 12).

Zur Diabetesdiagnostik hatten die Autoren z. B. einen oralen Glukosetoleranztest durchgeführt oder die Nüchternglukose gemessen. In einer Studie aus Shanghai diente lediglich die Angabe der Ehefrauen als Nachweis dafür, dass sie selbst oder ihre Gatten an Diabetes erkrankt waren.

So variierte denn auch das Diabetesrisiko bei Erkrankung des Partners zwischen zehn Prozent in einer Studie aus Shanghai und 70 Prozent in einer britischen Studie. In einer schwedischen Kohortenstudie lag die Assoziation bei 31 Prozent für Männer bzw. bei 33 Prozent für Frauen.

Die größte Effektstärke zeigte sich in einer (zweiten) Studie aus Großbritannien (Khan et al.), in der die Autoren allerdings die Diagnose weiter gefasst hatten: Hier war das Vorliegen von Diabetes oder einer prädiabetischen Stoffwechsellage mit einem mehr als doppelt so hohen Risiko für (Prä-)Diabetes verknüpft (OR = 2,32). Die Daten dieser Studie sind bereinigt um den Einfluss von sowohl Alter als auch BMI.

Nach Überzeugung der Autoren handelt es sich bei dem Befund um mehr als Zufall: Die Daten, so Leong und Kollegen, sprächen übereinstimmend für eine direkte Korrelation des Diabetesrisikos bei Ehepartnern. Diese ließe sich auch, aber nicht nur durch beiderseitiges Übergewicht der Angetrauten erklären. "Das Signal blieb trotz Adjustierung nach BMI stark", so die Wissenschaftler.

Viele Paare gleichen ihre Gewohnheiten im Laufe des Zusammenlebens an, schreiben Leong et al. Das heißt, wenn ein Partner sich schlecht ernährt, keinen Sport treibt und regelmäßig raucht und trinkt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der andere ebenso ungesund lebt.

Der Fokus müsse daher verstärkt auf paarbezogene Strategien zur Diabetesprävention gerichtet werden, fordern die Autoren. Interventionen wie Ernährungs- und Sportprogramme könnten auch gemeinsamen Kindern nutzen, hoffen Leong und sein Team.

Und schließlich liefere die Studie auch eine Basis für eine verbesserte Früherkennung: So könne man Ehepartner von Diabetikern gezielt screenen und so einen manifesten Diabetes oder Folgeschäden verhindern. (EO)

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