Diabetiker-Herzen werden oft schwach

MÜNCHEN (sir). Diabetiker haben zweieinhalb- bis fünfmal häufiger als Nichtdiabetiker eine Herzinsuffizienz; die Wahrscheinlichkeit steigt sogar mit dem HbA1c. Ausschließen lässt sich die Herzinsuffizienz mittels Bestimmung des diuretischen Peptids BNP.

Veröffentlicht:

Nicht nur die koronare Herzkrankheit (KHK) kommt bei Diabetikern häufiger vor als bei Stoffwechselgesunden, sondern auch die Herzinsuffizienz. So hat die Framingham-Studie für Männer mit Diabetes ein fast zweieinhalbfach erhöhtes und für Diabetikerinnen ein gut fünffach erhöhtes Risiko gezeigt, eine Herzinsuffizienz zu bekommen.

Diese kann bekanntlich Folge einer KHK oder eines Myokardinfarkts sein, muss es aber nicht. "Bei einer systolischen Herzinsuffizienz ist die Kontraktion des Herzmuskels beeinträchtigt", sagte Professor Nikolaus Marx vom Universitäts-Klinikum Ulm.

"Ursache können außer einer KHK auch eine dilatative Kardiomyopathie, eine Myokarditis, Klappenvitien oder das Spätstadium einer hypertensiven Herzerkrankung sein." Eine diastolische Herzinsuffizienz dagegen, bei der die Ventrikelfüllung in der Diastole gestört ist, könne auch durch Hypertrophie, Konstriktion oder Restriktion entstehen.

Diabetiker haben hier schlechte Karten: "Bei ihnen findet man oft eine diastolische Dysfunktion auch ohne Hypertonie oder Wandverdickung", so Marx. "Ebenso sind Kontraktilität und Relaxation häufig per se gestört; dazu kommt eine kardiale autonome Neuropathie."

Diagnose und Therapie von Diabetikern und Nichtdiabetikern mit Herzinsuffizienz unterscheiden sich aber nicht wesentlich. "Zu den ersten Diagnoseschritten gehört außer Anamnese, körperlicher Untersuchung, Echokardiografie, EKG und Röntgen auch die Bestimmung von NT-pro BNP", sagte Privatdozent Christian A. Schneider, Kardiologe am Uni-Klinikum Köln.

Diabetikerinnen haben ein stark erhöhtes Risiko.

Die Grenzwerte lägen für unter 50-Jährige bei 300 bis 450 Picogramm pro Milliliter, für 50- bis 75-Jährige bei 300 bis 900 und für über 75-Jährige bei 300 bis 1.800 pg/ml. Bei Werten unter 300 pg/ml sei eine Herzinsuffizienz mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit auszuschließen.

Professor Oliver Schnell, Diabetologe am Uni-Klinikum München, präferiert ein ganz ähnliches diagnostisches Vorgehen, ebenfalls inclusive NT-pro BNP1. Und auch er betonte, dass Diabetiker viel häufiger als Nichtdiabetiker an Herzinsuffizienz erkranken. Nach Daten der UKPDS hänge das Herzinsuffizienz-Risiko sogar direkt von der Stoffwechseleinstellung bei Diabetikern ab.

"Jedes Prozent im HbA1c erhöhte das Herzinsuffizienz-Risiko um 16 Prozent", betonte Schnell. Herzinsuffizienz-Patienten hätten oft eine bislang undiagnostizierte Stoffwechselstörung; daher spreche vieles dafür, sie mittels oralem Glukosetoleranztest (oGTT) zu untersuchen, so Schnell. Eine generelle Empfehlung lasse sich aber aus den derzeit vorliegenden Studiendaten noch nicht ableiten.

Zur Therapie der systolischen Herzinsuffizienz bei Menschen mit Diabetes empfehlen beide Experten ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorblocker, Betablocker, Diuretika und eventuell Aldosteron-Antagonisten einzusetzen. Für die Behandlung von Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz sei die Datenlage nicht so sicher; am ehesten seien hier AT-1-Antagonisten, Kalziumantagonisten oder Diuretika Erfolg versprechend, sagte Schneider.

Ihr Newsletter zum Thema
Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Perioperative Komplikationen

Allgemeinchirurgie: HbA1c präoperativ bestimmen!

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Lungensurfactant

Warum Seufzen der Atmung gut tut

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren