Diabetiker mit Depressionen brauchen Diagnose und Therapie

Etwa ein Viertel aller Patienten mit Typ-2-Diabetes und einer von fünf Patienten an Kliniken mit koronarer Herzkrankheit leiden unter Depressionen. Bei diesen Patienten steigt die Sterberate.

BERLIN (eb). Durch Depressionen werde bei Diabetikern die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt bis hin zu einer erhöhten Sterberate dieser Patienten, sagte Professor Stephan Herpertz vom Universitätsklinikum Bochum beim 34. Interdisziplinären Forum "Fortschritt und Fortbildung in der Medizin" der Bundesärztekammer in Berlin.

Ein depressiver alter Mann © E. Rawald / www.fotolia.de

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Die Betroffenen führten in der Regel einen ungesunden Lebensstil, sie seien häufiger körperlich inaktiv und neigten zu Adipositas. Aber auch körperliche Veränderungen, etwa des Reizleitungssystems des Herzens, der Blutgerinnung oder der Immunabwehr würden nicht selten registriert. Therapieempfehlungen kämen nur schwer an. "Depressionen bei primär körperlich kranken Menschen werden unter Praxisbedingungen oft nicht erkannt und unzureichend behandelt", vermutet Herpertz. Er rät deshalb zu einem regelmäßigen Depressionsscreening bei chronischen Krankheiten als integralen Bestandteil der Routineversorgung.

"Dabei sind Patienten mit Depressionen und Diabetes oder Herzkrankheit mit Antidepressiva, Psychotherapie oder einer Kombination von beidem annährend so gut behandelbar wie depressive Patienten ohne körperliche Erkrankung", betonte Herpertz. Allerdings gebe es noch keine überzeugende Behandlung, die auch auf die medizinischen Parameter des Diabetes oder der Koronaren Herzkrankheit zuverlässig eine günstige Wirkung entfaltet. So gebe es etwa keine ausreichende Behandlung, die bei Infarktpatienten mit Depression und geringer sozialer Unterstützung die Überlebenszeit verlängern hilft.

Privatdozent Tom Bschor, Chefarzt in der Berliner Schlosspark-Klinik, betonte, dass bei einer antidepressiven Medikamentenbehandlung die Schwere der Depression beachtet werden müsse. Bei einer leichten Form seien Medikamente nicht grundsätzlich nötig. Bei einer mittelschweren Depression käme eine Arzneimitteltherapie genauso wie eine Psychotherapie in Frage. "Nur bei einer schweren Erkrankung sollte den Patienten grundsätzlich zu einer pharmakotherapeutischen Behandlung geraten werden", sagte Bschor.

Dabei sollte auf unbegründete Ängste etwa vor Abhängigkeit oder Persönlichkeitsveränderung eingegangen werden. Das würde die Therapietreue der Patienten erleichtern. "Die eigentliche Kunst in der Depressionsbehandlung ist die konsequente Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten in einem algorithmusgestützten Stufenplan, so dass die einzelnen Therapiestufen für eine angemessene Dauer durchgeführt, dann ihr Erfolg bewertet und in Abhängigkeit hiervon die Entscheidung über die Fortführung der Therapie getroffen wird", erklärte Bschor.

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