Tuberkulose

Die Inzidenz sinkt nicht mehr

Seit vier Jahren Plateau: Die Zahl der Neuerkrankungen mit Tuberkulose nimmt nicht mehr ab. Und gleichzeitig wächst das Ungemach durch Resistenzen.

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In bunt und trotzdem gefährlich: Mycobacterium tuberculosis.

In bunt und trotzdem gefährlich: Mycobacterium tuberculosis.

© Janice Haney Carr / CDC

BERLIN. Die Zahl der Tuberkulose-Neuerkrankungen in Deutschland sinkt nicht mehr. Im Jahr 2012 lag die Inzidenz mit 5,2 je 100.000 Einwohnern fast genauso hoch wie in den vier Jahren zuvor, heißt es im "Bericht zur Epidemiologie der Tuberkulose", den das Robert Koch-Institut (RKI) am Montag in Berlin vorgelegt hat. Anlass ist der Welttuberkulosetag, der am 24. März an die Entdeckung des Mycobacteriums tuberculosis vor über 130 Jahren erinnert.

Nach dem jüngsten RKI-Bericht hat die Tuberkulose-Inzidenz seit 2008 de facto ein Plateau erreicht, sie ist seitdem nur geringfügig von 5,5 auf jetzt 5,2 gesunken. In den Jahren zuvor schienen die Bemühungen noch Früchte zu tragen: Seit 2002 war die Zahl der Tb-Neuerkrankungen kontinuierlich von seinerzeit 9,3 je 100.000 Einwohner gefallen. Im Jahr 2008 schließlich wurde dieser Trend gestoppt. Das RKI spricht verhalten von einem "stark verlangsamten Rückgang".

RKI-Präsident Professor Reinhard Burger fordert: "Die gemeinsamen Anstrengungen in der frühen Erkennung und Prävention von der Tuberkulose müssen daher intensiviert werden." Dafür aber brauche vor allem der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) "auch ausreichende Ressourcen", sagte der Institutschef.

Er spielt damit auf Personalnot in den Ämtern an, die Nachwuchsprobleme und nach Meinung der Amtsärzte schlechte Bezahlung und unzureichende Finanzierung durch Kommunen und Länder.

Laut dem Tb-Bericht des RKI gab es im Jahr 2012 insgesamt 4220 Tuberkulosefälle in Deutschland, 146 davon mit letalem Ausgang. Am höchsten lag die Inzidenz in den Ballungszentren und Großstädten, allen voran die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. Die höchsten Neuerkrankungsraten gab es bei Männern sowie bei Menschen im Alter ab 70 Jahren und zwischen 25 und 29 Jahren.

"Relevantes Problem in Deutschland"

Letzteres schreiben die RKI-Experten vor allem dem hohen Anteil von Tuberkulosepatienten mit ausländischen Wurzeln zu. Bei "ausländischen Staatsbürgern" (sic!) sei die Inzidenz mit 22,2 fast siebenmal so hoch bei die "deutschen" Tuberkulosepatienten. 40,6 Prozent aller neu erkrankten Patienten hatten danach ausländische Wurzeln, exakt jeder zweite Tuberkulosepatient wurde außerhalb von Deutschland geboren.

Dieser Trend hat in den vergangenen Jahren zugenommen und wird auch auf die gewachsene Migration von Menschen etwa aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion zurückgeführt. Dort verzeichnet die Weltgesundheitsorganisation WHO eine deutlich höhere Prävalenz - im Mittel 124 erkrankte Personen je 100.000 Einwohner (Zahlen aus dem Jahr 2011).

Nach den neuen RKI-Daten sind die Patienten mit ausländischen Wurzeln im Mittel auch deutlich jünger - 36 versus 57 Jahre bei "deutschen" Patienten. Und so verwundert es nicht, dass selbst bei Kindern aus dem Ausland die Tb-Inzidenz rund siebenmal höher war als bei Kindern mit deutschen Wurzeln (8 versus 1,1 je 100.000).

Besorgniserregend scheint zudem das Problem der Resistenzen. Zwar waren "nur" bei 2,3 Prozent der Fälle die Erreger sowohl gegen Rifampicin und Isoniazid resistent. In den Jahren 2007 bis 2011 lag die Rate noch bei 1,9 Prozent. Gerade mit Patienten aus dem Ausland scheinen zunehmend Resistenzen eingeschleppt zu werden.

Allein bei den Patienten mit Wurzeln in der ehemaligen Sowjetunion wiesen in rund zwölf Prozent der Fälle die Erreger Multiresistenzen auf. In jedem dritten Erkrankungsfall lag mindestens eine Resistenz vor - laut RKI mit "steigender Tendenz". Diese Zahlen entsprechen dem Trend einer Analyse der ECDC.

Das Institut bezeichnet die Tuberkulose deshalb als "immer noch relevantes Gesundheitsproblem in Deutschland". Die Bemühungen zur Tuberkulosekontrolle dürften nicht nachlassen. (nös)

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