GLP-1-Therapien

EMA gibt Entwarnung

Jüngst geäußerte Befürchtungen, dass GLP-1-basierte Diabetes-Therapien vermehrt zu Schädigungen des Pankreas führen könnten, sind nach derzeitiger Datenlage unbegründet, so das abschließende Ergebnis der EMA.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
GLP-1-basierte Diabetes-Therapien schädigen nach derzeitigen Erkenntnissen das Pankreas nicht.

GLP-1-basierte Diabetes-Therapien schädigen nach derzeitigen Erkenntnissen das Pankreas nicht.

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LONDON. Inkretin-basierte Therapien imitieren entweder die Wirkungen des Darmhormons GLP-1 (Glucagon-like Peptide 1) - so im Falle der GLP-1-Analoga - oder verstärken dessen Effekte durch Hemmung des GLP-1-Abbaus - so im Falle der Dipeptidylpeptidase-4-Hemmer (DPP-4-Hemmer).

Inkretin-basierte Arzneimittel sind effektive Therapien, die das Spektrum der medikamentösen Optionen bei Typ-2-Diabetes bereichern.

Ihre Vorteile: Das Hypoglykämie-Risiko ist sehr gering, zudem wird das Körpergewicht nicht negativ beeinflusst oder eine Gewichtsabnahme sogar gefördert.

Gleichwohl sah sich die EMA jüngst dazu veranlasst, eine Überprüfung der Sicherheit von GLP-1-basierten Diabetes-Therapien zu veranlassen. Grund dafür waren im März 2013 publizierte Ergebnisse einer Arbeitsgruppe um Dr. Alexandra Butler aus Los Angeles.

Die Forscher hatten Gewebeuntersuchungen an Bauchspeicheldrüsen hirntoter Organspender mit und ohne Diabetes vorgenommen, von denen einige längere Zeit inkretin-basierte Therapien (Sitagliptin oder Exenatid) erhalten hatten.

Bei mit GLP-basierten Therapien behandelten Patienten wurden proliferative Gewebeveränderungen beobachtet, die mit einer Vergrößerung sowohl des exokrinen als auch endokrinen Anteils des Pankreas einhergingen.

Auch fanden sich vermehrt dysplastische Läsionen im Pankreas-Gangsystem sowie Glukagon-exprimierende Mirkoadenome. Ob diese Veränderungen allerdings in kausaler Beziehung zur GLP-basierten Therapie stehen, lässt sich auf Basis der beschriebenen Befunde weder beweisen noch ausschließen.

Studie stieß zum Teil auf heftige Kritik

In der Fachwelt stieß die Studie Butlers zum Teil auf heftige Kritik. Auch deutsche Diabetologen - so etwa der Inkretin-Experte Professor Wolfgang E. Schmidt aus Bochum bei der DDG-Tagung im Mai 2013 in Leipzig - wiesen auf nach ihrer Ansicht bestehende methodische Mängel der Studie hin.

Moniert wurde unter anderem der große Altersunterschied zwischen den Gruppen mit und ohne GLP-1-basierter Therapie.

Bereits zuvor hatte die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) in einer Stellungnahme zur Butler-Studie bekundet, dass sie derzeit keinen Anlass sehe, grundsätzlich von einer Behandlung mit GLP-1-Analoga oder DPP-4-Hemmern abzuraten.

Die Fachgesellschaft verweist gleichwohl auf die dringliche Notwendigkeit, mögliche Langzeitfolgen dieser Therapie in größeren Studien zu untersuchen, um die vorliegenden Daten entweder zu bestätigen oder zu entkräften.

Auch nach Auffassung der EMA ist die wissenschaftliche Evidenz zur Sicherheit GLP-1-basierter Therapien durch die Butler-Daten nicht entscheidend verändert worden.

Keine Anhaltspunkte für erhöhtes Risiko für Pankreas-Ca

Wie die EMA in einer aktuellen Presseinformation mitteilt, ist der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Behörde bei seiner Sicherheitsprüfung zu dem Schluss gelangt, dass die derzeit verfügbaren Daten Befürchtungen, dass GLP-1-basierte Therapien das Pankreatitis-Risiko erhöhen, nicht bestätigen.

Verwiesen wird einmal mehr auf eine Reihe von methodischen Limitierungen der Butler-Studie, die eine aussagefähige Interpretation der Resultate unmöglich machten.

Die Daten klinischer Studien bieten nach Einschätzung der EMA derzeit auch keine Anhaltspunkte dafür, dass GLP-1-Therapien das Risiko für Pankreastumore erhöhen. Allerdings sei die Zahl entsprechender Ereignisse gegenwärtig noch zu niedrig, um bereits definitive Schlussfolgerungen ziehen zu können.

Genauere Erkenntnisse dazu erwarten sich Experten unter anderem von zwei großen Studien, die seit 2011 mit Unterstützung der Europäischen Kommission laufen. Erste Ergebnisse werden voraussichtlich im Frühjahr 2014 vorliegen.

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