Pariser Manifest zu Verhütung

Es ist Zeit für die Pille für Männer!

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Bisher verhüten Männer hauptsächlich mit dem Kondom. Bis 2018 wollen Forscher aber eine marktreife Pille für den Mann entwickeln.

Bisher verhüten Männer hauptsächlich mit dem Kondom. Bis 2018 wollen Forscher aber eine marktreife Pille für den Mann entwickeln.

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PARIS. Internationale Endokrinologen haben im Mai in Paris ein Manifest ("Pariser Manifest") verabschiedet mit dem Appell an Gesundheitsbehörden und pharmazeutische Industrie, die Forschungen zu männlichen Verhütungsmethoden wieder zu intensivieren.

 In Deutschland verhüten 54 Prozent der Paare mit der Anti-Baby-Pille für Frauen, 13,5 Prozent mit der Spirale und etwa 20 Prozent mit Kondomen. Zu fast zwei Dritteln übernehmen damit hierzulande Frauen die Verantwortung für die Familienplanung.

Männliche Kontrazeption sei heute auf Abstinenz, Coitus interruptus, Kondome und Vasektomie beschränkt, erinnert die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE).

"Es ist Zeit für neue männliche Kontrazeptiva", fasst DGE-Experte Professor Eberhard Nieschlag in einer Mitteilung der DGE die Deklaration des International Consortium for Male Contraception (ICMC) zusammen. Ein wichtiger Grund für die Forderung sei das weltweite Bevölkerungswachstum, so die DGE in ihrer Mitteilung. In ihren jüngsten Schätzungen gingen die Vereinten Nationen (UN) davon aus, dass die Weltbevölkerung im Jahr 2050 etwa 9,6 Milliarden Menschen betragen wird - 2,3 Milliarden mehr als 2015.

Der Ansatz, zusätzlich zu etablierten Methoden der Empfängnisverhütung sichere und verträgliche Verhütungsmethoden für Männer zu finden, werde zudem von einem emanzipatorischen Gedanken getragen: Es sind bisher vor allem die Frauen, die Verantwortung für die Empfängnisverhütung mit allen damit einhergehen Risiken - zum Beispiel einer Thromboseanfälligkeit beim Einnehmen der Pille - tragen.

Seit Anfang der 1970er Jahre Forschung an der "Pille für den Mann"

 "Die Forschung hat gezeigt, dass sowohl Männer als auch deren Partnerinnen bereit sind, neuartige Methoden inklusive hormoneller männlicher Kontrazeption anzuwenden, sofern sie wirksam, reversibel und gut verträglich sind", betont Nieschlag in der Mitteilung der DGE.

Forschungsansätze zur männlichen Kontrazeption hat es durchaus schon gegeben. Seit Anfang der 1970er Jahre wird an der "Pille für den Mann" geforscht. "Einige Ansätze wurden sogar bis nahe an die Marktreife entwickelt. Aber die Industrie hat dieses Forschungsgebiet verlassen", bedauert der Experte.

Als Gründe dafür führt der ehemalige Direktor des heutigen Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie am Universitätsklinikum Münster unklare Zulassungskriterien, geringe Gewinnerwartungen und eine angeblich fehlende Akzeptanz an.

Hormonelle und nichthormonelle Ansätze

Sowohl hormonelle Ansätze als auch nichthormonelle sollten weiter verfolgt werden, meint Nieschlag. So seien beispielsweise mechanische Methoden zum Verschluss der Samenleiter in der Entwicklung - ein Weg hin zu einer reversiblen, also einer umkehrbaren Vasektomie, wäre damit möglich.

Bei der hormonellen Kontrazeption gibt es zwei Richtungen: "Zu den vielversprechendsten Ansätzen gehören heute hormonelle Methoden mit Androgenen, zu denen auch das Testosteron gehört, in Kombination mit Gestagenen", erklärt Nieschlag.

Möglich ist die Verabreichung entweder durch eine Hormonspritze, die etwa alle zehn Wochen verabreicht werden müsse, oder aber ein täglich anzuwendendes Gel. Bei dieser Variante bestehe die "Hürde" darin, dass der Mann jeden Tag daran denken müsse.

Aus den Erfahrungen mit der Anti-Baby-Pille für Frauen weiß man aber, dass dies gelingen kann.Professor Matthias Weber, Leiter des Schwerpunkts Endokrinologie Universität Mainz und Sprecher der DGE, ergänzt: "Die männliche Kontrazeption wird die weiblichen Methoden wahrscheinlich nicht ersetzen, aber sie kann die Verhütungsoptionen für Paare erhöhen." "Unser Ziel ist es, bis zum Jahr 2026 die marktreife Entwicklung mindestens eines zuverlässigen, reversiblen und bezahlbaren männlichen Kontrazeptivums zu ermöglichen", so Nieschlag. (eb)

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Kommentare
Wolfgang P. Bayerl 28.07.201616:56 Uhr

ich vermute mal,

.. es gibt da kleine Unterschiede zwischen einem Hoden und einem Ovar

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