Traumata

Extreme Belastungen erhöhen Risiko für Diabetes

Bei Menschen mit traumatischen Kindheitserlebnissen ist das Risiko für die Entwicklung eines Diabetes um bis zu 60 Prozent erhöht.

Veröffentlicht:

Belastende Kindheitserfahrungen beeinflussen das Diabetes-Risiko negativ. Das gilt vor allem für Menschen, bei denen vier und mehr belastende Faktoren – von Missbrauch bis Vernachlässigung – zusammenkommen (Diabetologe 2017; 13: 548-553). Darauf weisen Experten der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) aus Anlass ihrer Jahrestagung hin. Dabei greifen mehrere psychische und biologische Prozesse ineinander. "Das Trauma beeinträchtigt das Selbstwertgefühl und die Affektregulation – also den Umgang mit den eigenen Gefühlen", wird Professor Johannes Kruse, Universitätsklinikum Gießen und Marburg in der Mitteilung zitiert. Das wiederum habe Auswirkungen auf den Lebensstil der Betroffenen. Nicht selten versuchen sie, ihre negativen Gefühle zu bewältigen, indem sie rauchen, vermehrt essen oder Alkohol trinken. Gleichzeitig schränken sie ihren sozialen Umgang ein und kapseln sich ab. Eine erhöhte Kalorienzufuhr, kombiniert mit Bewegungsmangel, stellt einen der Hauptrisikofaktoren für Typ-2-Diabetes dar.

Durch extreme Belastungen werden neurobiologische, immunologische und das Darmmikrobiom betreffende Veränderungen in Gang gesetzt, die das Diabetesrisiko beeinflussen. Eine zentrale Rolle spielt das Stresshormon Kortisol, das unter starker Belastung verstärkt ausgeschüttet wird. Es versetzt den Körper kurzfristig in einen angeregten, leistungsfähigen Zustand. "Als Reaktion auf eine akute Bedrohung ist das durchaus sinnvoll", so Kruse. Hält der Stresszustand jedoch an, so kommt es zu Verschiebungen im Zuckerstoffwechsel, und die Blutzuckerregulation verschlechtert sich – mit direkten Auswirkungen auf das Diabetesrisiko. Auch das Immunsystem arbeitet unter Kortisol-Einfluss anders: Es schüttet verstärkt entzündungsfördernde Enzyme aus, denen ebenfalls eine Rolle bei der Diabetes-Entstehung zugeschrieben wird.

Bei Patienten mit traumatischen Kindheitserfahrung müsse daher auch ein möglicher Anstieg des Diabetesrisikos im Auge behalten werden, so Kruse. Umgekehrt legten die Zusammenhänge nahe, dass ein Teil der Diabetes-Patienten von einer psychosomatischen Therapie profitieren könne. Diese zielt darauf, das Erleben der Betroffenen, ihre Stressreaktion und auch ihre neuroimmunologischen und neurobiologischen Pfade wieder zu normalisieren. "Forschungsergebnisse der letzten Jahre sprechen dafür, dass die Psychotherapie hier erfolgreich wirken kann", so Kruse. (eb)

Ihr Newsletter zum Thema
Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Komplikationen beachten

Wenn Adipositas und Fettleber auf Auge und Lunge schlagen

Nebenwirkungen

Wenn sich unter der Krebstherapie ein Diabetes entwickelt

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

© Vink Fan / stock.adobe.com

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuer Verschlüsselungsalgorithmus in der TI

gematik verlängert Frist für Austausch der E-Arztausweise

Lesetipps
Mit einer eher seltenen Diagnose wurde ein Mann in die Notaufnahme eingeliefert. Die Ursache der Hypoglykämie kam erst durch einen Ultraschall ans Licht.

© Sameer / stock.adobe.com

Kasuistik

Hypoglykämie mit ungewöhnlicher Ursache

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel

© undrey / stock.adobe.com

Kolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zur Notfallreform: Zustimmung und Zweifel