Hinweise aus Kohortenstudie

Feinstaub – ein Risikofaktor für Fehlbildungen?

Eine hohe Feinstaubbelastung der Mutter in den Monaten um die Empfängnis wirkt sich möglicherweise schädlich auf die Embryonalentwicklung des Kindes aus. In einer US-Kohortenstudie fanden sich Hinweise auf einen Zusammenhang.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Die möglichen Einflussfaktoren auf die Embryonalentwicklung sind vielfältig; Umweltschadstoffe können dabei eine maßgebliche Rolle spielen.

Die möglichen Einflussfaktoren auf die Embryonalentwicklung sind vielfältig; Umweltschadstoffe können dabei eine maßgebliche Rolle spielen.

© smitt / iStock / Thinkstock

CINCINNATI. Wenn ein Kind mit einer Fehlbildung zur Welt kommt, lässt sich das in den wenigsten Fällen monokausal auf eine klare teratogene Ursache zurückführen. Die möglichen Einflussfaktoren auf die Embryonalentwicklung sind vielfältig; Umweltschadstoffe können dabei bekanntermaßen eine maßgebliche Rolle spielen. Inwieweit die Exposition der Mutter gegenüber Feinstaub (PM2,5) Einfluss auf die frühe embryonale Entwicklung nehmen kann, ist dabei noch weitgehend unerforscht.

Ein Team der University of Cincinnati hat jetzt zumindest Hinweise auf eine mäßiggradige Assoziation gefunden (J Pediatr 2017, online 11. Dezember). Wie Sheng Ren und Kollegen berichten, galt der Zusammenhang zwischen der Feinstaubbelastung der Mutter und einer kongenitalen Fehlbildung des Kindes vor allem bei mütterlicher Exposition kurz vor und nach der Empfängnis.

Die Forscher haben Daten aus dem Geburtsregister des US-Bundesstaates Ohio mit den Feinstaubwerten von 57 über den ganzen Staat verteilten Messstationen abgeglichen. Den Kindern bzw. deren Müttern wurde die jeweils nächstgelegene Messstation zugeordnet. Die Erhebung fand in den Jahren 2005 bis 2010 statt; dabei nahm man jeweils den monatlichen Mittelwert der Feinstaubmessungen.

Die Risikoberechnungen wurden für drei verschiedene Umkreise um die jeweilige Messstation durchgeführt. Im Umkreis von 5 km wurden im Studienzeitraum insgesamt rund 144.000 Geburten registriert, im Umkreis von 7 km 211.000 und im Umkreis von 10 km etwa 290.000. Die Fehlbildung, die insgesamt am häufigsten auftrat, war die Lippen-Gaumen-Spalte mit einer Rate von 0,7 bzw. 0,6 Promille, gefolgt von Bauchwanddefekten (Gastroschisis jeweils 0,4 Promille, Omphalozele jeweils 0,1 und angeborene Zwerchfellhernie jeweils 0,1 bzw. 0,2 Promille).

Innerhalb des 10-km-Umkreises lag die mittlere PM2,5-Konzentration um den jeweiligen Empfängniszeitraum bei 13,79 µg/m3. Laut Ren et al. war die Feinstaubbelastung bei Müttern, die ein fehlgebildetes Kind zur Welt bringen sollten, im Mittel durchweg höher als bei Müttern von Kindern ohne Anomalien. Signifikant war dieser Zusammenhang jedoch nur für den Monat nach der Konzeption bei einem Wohnort im 10-km-Umkreis, für den Monat davor und danach bei einem Wohnort innerhalb von 7 km und für den Monat davor bei einem 5-km-Radius.

Der höchste Risikoanstieg – relative 17 Prozent – für jedwede Fehlbildung wurde bei vergleichsweise hoher Exposition der Mutter im Monat vor der Empfängnis (im 5-km-Radius) registriert. Die PM2,5-Konzentration betrug hier im Mittel 14,23 µg/m3. Dabei beobachteten die Forscher vor allem einen Anstieg von Bauchwanddefekten und Hypospadien.

Soweit möglich hatten Ren und Kollegen versucht, andere Einflussfaktoren auf die Fehlbildungsrate zu berücksichtigen, so vor allem mütterliches Alter bei Schwangerschaftsbeginn, Rauchstatus und vorbestehenden Diabetes. Keine Assoziation fand man außerdem zwischen Feinstaubbelastung und fetaler Chromosomenaberration.

"In der Zeit rund um die Empfängnis scheint die Empfindlichkeit gegenüber Feinstaub am höchsten zu sein", so das Fazit der Autoren. Hier, so warnen sie, gehe die zukünftige Mutter bei entsprechend hoher Exposition möglicherweise ein gewisses Risiko ein, dass sich ihr Kind fehlentwickeln könnte. Über welche Mechanismen es dazu komme, sei noch unklar. Diskutiert werden oxidativer Stress, Entzündungsabläufe in der Plazenta sowie Störungen der Blutgerinnung. "Diese Mechanismen tragen möglicherweise zu einer Störung der Embryogenese bei, indem sie die Differenzierung der Neuralleiste beeinflussen", vermuten Ren und sein Team.

Auch wenn die Feinstaubbelastung nur einen relativ bescheidenen Einfluss auf die Fehlbildungsrate genommen habe, so die Forscher, dürfe man die möglichen Auswirkungen auf Bevölkerungsebene keineswegs vernachlässigen. Schließlich, so die Autoren, seien prinzipiell alle Frauen im gebärfähigen Alter einer mehr oder weniger starken Belastung ausgesetzt. (eo)

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