DKFZ

Forscher wollen Ärzten "Krebs-Navi" bieten

Ein neues Projekt des Deutschen Krebsforschungszentrums fühlt dem Krebsgenom auf den Zahn. Ärzten soll damit ein Navigationssystem in der Krebsbehandlung geschaffen werden.

Von Ingeborg Bördlein Veröffentlicht:
DNA-Helix im Blick: Aus der Analyse des Krebsgenoms erhoffen sich Wissenschaftler Informationen, die in kürzester Zeit präzise Diagnosen und individuelle Therapievorschläge ermöglichen.

DNA-Helix im Blick: Aus der Analyse des Krebsgenoms erhoffen sich Wissenschaftler Informationen, die in kürzester Zeit präzise Diagnosen und individuelle Therapievorschläge ermöglichen.

© arsdigital.de / fotolia.com

HEIDELBERG/WALLDORF. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg haben mit mehreren baden-württembergischen Technologieunternehmen einen Pakt geschlossen.

Ziel: Jeder Krebspatient soll auf Basis einer Erbgutanalyse in Zukunft individuell und damit erfolgreicher behandelt werden können.

Die Dietmar Hopp Stiftung in Walldorf unterstützt das Projekt mit 15 Millionen Euro während der nächsten fünf Jahre. Geplant ist eine modellhafte Studie mit zunächst 1000 Tumorpatienten im NCT, die zeigen soll, wie umfangreich die Genomanalysen sein müssen, um eine gesicherte Therapieempfehlung für jeden einzelnen Patienten geben zu können, erläuterte DKFZ-Vorstandsvorsitzender Professor Otmar Wiestler bei der Projektvorstellung am Dienstag.

SAP stellt Technologie zur Verfügung

Mit im Boot ist die GATC Biotech AG aus Konstanz, europäischer Marktführer in der DNA- und RNA-Sequenzierung und bereits langjähriger Partner des NCT für Genom-Sequenzierungen. Um die großen Mengen molekularer und medizinischer Patientendaten sowohl für die klinische Entscheidungsfindung als auch für Forschungszwecke zusammenzuführen und auszuwerten, baut das NCT zusammen mit der SAP AG ein zentrales Datenmanagement auf.

Es basiert auf der Datenplattform SAP HANA, die die umfassende Verarbeitung und Echtzeitanalyse anfallender Daten wie beispielsweise Arztbriefe, Laborwerte, radiologische Befunde und Genomdaten ermöglicht.

Dritte im Bunde ist die Molecular Health GmbH. Das Heidelberger Biotech-Unternehmen hat in klinischer Kooperation mit dem MD Anderson Cancer Center in Texas eine Software zur Tumoranalyse und -interpretation entwickelt. Diese kommt nun in Heidelberg zum Einsatz.

Die Anwendung "Treatment MAP" führt die spezifischen Erbgutinformationen der Patienten mit dem aktuell verfügbaren biomedizinischen und klinischen Wissen zusammen - beispielsweise mit Zulassungs- und Entwicklungsstatus von Krebsmedikamenten - und liefert eine umfassende Analyse der molekularen Patientendaten.

Ärztliche Entscheidung wird nicht in Frage gestellt

"Wir liefern die Informationssysteme, die aus den Genomsequenzdaten in kürzester Zeit präzise Diagnosen und individuelle Therapievorschläge für den Arzt erarbeiten", erklärte der Beiratsvorsitzende von Molecular Health, Dr. Friedrich von Bohlen. Dies sei eine Art Navigationssystem für den Arzt.

Die ärztliche Entscheidung werde dadurch nicht infrage gestellt, betonte der Sprecher des NCT-Direktoriums Professor Christof von Kalle. Die Software-Empfehlung basiere auf dem aktuellen Wissensstand und sei keineswegs "eine automatisierte Therapieempfehlung", vielmehr ermögliche sie den behandelnden Ärzten eine informierte Entscheidung.

Zunächst geht es um die Machbarkeit des Konzepts einer individualisierten Krebsmedizin, die in klinischen Studien überprüft wird. In einer Beobachtungsstudie mit 50 Patienten soll zuerst sichergestellt werden, dass die Datenflüsse und Schnittstellen zwischen den Projektbeteiligten korrekt und zeiteffizient verlaufen. Der klinische und gesundheitsökonomische Nutzen soll dann in der größeren Studie mit 1000 Patienten überprüft werden.

Panel von 617 vermuteten "Krebsgenen"

Dabei werden, so von Kalle, zwei Ansätze verfolgt: Die DKFZ-Wissenschaftler werden das gesamte Erbgut von Krebszellen sequenzieren und auf Mutationen überprüfen.

GATC Biotech wird zusätzlich ein Panel von 617 vermuteten "Krebsgenen" untersuchen und überprüfen, ob sie tatsächlich zuverlässig eine prädiktive Aussage ermöglichen.

Noch dieses Jahr sollen die ersten Patienten mit unterschiedlichen Tumorentitäten und Tumorstadien in Studien aufgenommen werden. Bis 2016, so DKFZ-Chef Wiestler, soll am Heidelberger NCT jedem Patienten eine umfassende Erbgutanalyse und darauf basierende Therapieempfehlung angeboten werden können.

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