Große Lipidstudie wird heftig diskutiert

AMSTERDAM (Rö). Kombinierte Lipidtherapie hat in einer Studie nicht stärker die Intima-media-Dicke gebremst als hochdosierte Statin-Therapie allein. Dieses unerwartete Ergebnis der ENHANCE*-Studie zur Wirkung einer Cholesterinsenkung auf Surrogatparameter sind im "New England Journal of Medicine" (358, 2008, 1431) veröffentlicht worden. Dort werden auch mögliche Erklärungen diskutiert.

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Wie zu erwarten war, senkte bei Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie die Kombitherapie mit 80 mg Simvastatin plus 10 mg Ezetimib das LDL-Cholesterin stärker als die Monotherapie mit 80 mg Simvastatin. Das Ausmaß der Cholesterinsenkung war allerdings nicht der primäre Studienendpunkt. Sondern das war eine Änderung in der Dicke der Arterienwände im Laufe von zwei Jahren - gemessen mit Ultraschall. Und bei diesem primären Endpunkt gab es keinen Unterschied zwischen den beiden Therapien.

Auch bei vier sekundären Endpunkten war das nicht der Fall: beim Anteil der Patienten, die eine Regression der Intima-media-Dicke der Karotis hatten, beim Anteil derer, die neue Plaques größer als 1,3 mm entwickelten, bei Veränderungen der maximalen Intima-media-Dicke und bei zusätzlichen Veränderungen der Intima-media-Dicke in der Femoral-Arterie.

Diese Ergebnisse haben für viele Diskussionen gesorgt, die vereinzelt sogar darin gipfelten, den Nutzen einer LDL-Senkung zum Schutz der Gefäße überhaupt infrage zu stellen. Doch die ENHANCE-Ergebnisse zum Surrogatparameter Intima-media-Dicke stellen ja nicht die positiven klinischen Ergebnisse aus vielen großen Endpunktstudien und die abgeleiteten Studienziele für das LDL-Cholesterin infrage, wie Kardiologen und Lipidspezialisten betonen.

Kombitherapie senkt LDL stärker als Monotherapie.

Wie aber ist das Ergebnis der ENHANCE-Studie zu klären? Die Autoren um Professor John J. P. Kastelein von der Universität Amsterdam sehen drei mögliche Erklärungen dafür, dass sich die beiden Therapien beim primären Endpunkt nicht unterschieden: Die erste Erklärung ist, dass Zusatzeffekte des Statins, die Ezetimib nicht hat, sich günstig für den Gefäßschutz auswirken. Dagegen spricht unter anderem, dass eine effektive nichtmedikamentöse chirurgische LDL-Senkung die kardiovaskuläre Ereignisrate ähnlich stark senkt, wie sie in entsprechenden Statin-Studien erreicht wurde.

Die zweite Erklärung könnte sein, dass die gewählte Ultraschall-Technik nicht empfindlich genug ist. Dagegen sprechen aber Ergebnisse anderer Studien, die eindeutige Zusammenhänge schon kleiner Veränderungen mit klinischen Ereignissen belegen und dass die Messungen in ENHANCE sehr präzise waren.

Die dritte Erklärung liegt in der intensiven lipidsenkenden Vortherapie der Patienten wegen der heterozygoten familiären Hypercholesterinämie. Diese intensive Vortherapie könnte dazu führen, dass eine weitere Lipidsenkung die Intima-Media-Dicke nicht mehr beeinflusst.

Die ENHANCE-Studie im Einzelnen: Doppelblinde Studie über 24 Monate mit 720 Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie. Therapie mit 80 mg Simvastatin plus 10 mg Ezetimib oder 80 mg Simvastatin plus Placebo. B-Mode-Ultrasonografie der Intima-media-Dicke von Karotis und Femoral-Arterie. Primärer Endpunkt: Veränderung der Intima-media-Dicke der Karotis.

*ENHANCE bedeutet Ezetimibe aNd simvastatin in Hypercholesterolemia enhANces atherosClerosis rEgression

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