Herz-Lungen-Maschine reif für Rettungsdienst

Nur noch 10 kg wiegt eine neue Herz-Lungen-Maschine. Außer für den mobilen Einsatz lohnt sich das Gerät auch für kleine Kliniken und kardiologische Katheterlabors ohne eigene Herzchirurgie.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Die tragbare Herz-Lungen-Maschine bietet Rettungsteams eine zusätzliche Option zur kardiopulmonalen Reanimation.

Die tragbare Herz-Lungen-Maschine bietet Rettungsteams eine zusätzliche Option zur kardiopulmonalen Reanimation.

© Fotos: Maquet Cardiopulmonary AG

Im Normalfall wiegen Herz-Lungen-Maschinen über 200 Kilogramm. Und auch die mobilen Vertreter dieser Gerätegattung sind bisher allenfalls auf Rollen schieb- oder ziehbar, nicht aber über längere Strecken von einer Person zu tragen. Auf der weltgrößten Medizinmesse, der Medica in Düsseldorf, können Besucher in dieser Woche eine ganz neue Herz-Lungen-Maschine in Augenschein nehmen, die in Sachen Kompaktheit rekordverdächtig ist.

Das Unternehmen Maquet wird dort sein Produkt Cardiohelp vorstellen, eine Maschine zur Behandlung von Patienten mit Herz-Kreislauf-Versagen, Lungenversagen oder beidem zusammen. Sie wiegt nur 9,8 kg.

"Diese Maschine kann fast alles, was große Maschinen auch können", sagte Markus Felstead von Maquet bei der Vorabveranstaltung zur Medica in Hamburg. Außer der ohnehin nötigen Zentrifugalpumpe für das oxygenierte Blut besitzt das Gerät auch Zusatzfunktionen wie eine Luftblasenüberwachung sowie eine Sensorik für drei Blutdruckparameter und für die Temperatur. Ergänzend können weitere Sensoren integriert werden, etwa zur Kontrolle der venösen Sättigung, des Hämatokritwerts, des Hämoglobinwerts und der venösen Temperatur.

Weil Cardiohelp trotz aller Kompaktheit eine voll funktionsfähige Herz-Lungen-Maschine und bei einem Preis von rund 50 000 Euro auch noch relativ kostengünstig ist, kann sie in Situationen zum Einsatz kommen, in denen Ärzte bisher in aller Regel keinen Zugriff auf solche Geräte hatten. Gedacht ist eben nicht nur an Herz- und Transplantationszentren, den typischen Einsatzorten für Herz-Lungen-Maschinen. Gedacht ist auch an kleine Krankenhäuser, wo bisher allenfalls die Option zur maschinellen Beatmung, nicht aber zur Kreislaufsubstitution besteht.

Denkbare Einsatzorte könnten auch kardiologische Katheterlabors in Kliniken ohne eigene Herzchirurgie sein. Wenn es hier heute bei einem Patienten zu einem Herzstillstand kommt, dann bleibt nur noch die kardiopulmonale Reanimation. Wäre eine Herz-Lungen-Maschine verfügbar, gäbe es für diese Patienten künftig noch eine weitere Option, wenn die Reanimation keinen Erfolg zeitigt. Auch Patienten mit Herz- oder Lungenversagen auf einer kleineren Intensivstation wären Kandidaten für eine tragbare Herz-Lungen-Maschine. Damit würde der Transport ins nächste herzchirurgische Zentrum oder in die nächste Lungenfachklinik möglich. Bisher sterben diese Patienten.

Außer der Zentrifugalpumpe für das oxygenierte Blut besitzt das Gerät auch Zusatzfunktionen.

Mit rund zehn Kilogramm ist das neue Produkt aber auch für den komplett mobilen Einsatz geeignet, zum Beispiel im Rettungshubschrauber oder auf dem Notarztwagen. Das Gerät braucht auch nicht zwingend einen Netzanschluss. Hier freilich stellen sich dann ethische Fragen: Denn angenommen, ein Notarzt käme an einen Einsatzort und fände dort einen Menschen im Kreislaufstillstand vor. Er würde versuchen, zu reanimieren. Er würde Herzdruckmassage machen, mehrfach defibrillieren und Adrenalin spritzen.

Hilft das alles nichts, würde er irgendwann aufhören. Wenn er allerdings eine mobile Herz-Lungen-Maschine hätte, dann gäbe es plötzlich noch einen weiteren möglichen Schritt, einen Schritt, mit dem er die Kreislauffunktion eines Patienten bis in den herzchirurgischen Operationssaal hinein aufrecht erhalten könnte, auch dann, wenn dieser Patient bereits schwere Hirnschäden hat.

Bei dem Unternehmen Maquet ist man sich dieser Problematik sehr bewusst: "Es geht jetzt darum, die richtigen Patienten zu identifizieren", betonte Felstead. Abgesehen vom stationären Einsatz und vom Einsatz bei Patiententransporten zielt das Unternehmen mit dem Produkt vor allem auf hoch spezialisierte Rettungsteams und nicht auf den normalen Notarzt. Besonders der nicht-beobachtete Herz-Kreislauf-Stillstand, bei dem der Arzt nicht weiß, wie lange ein Patient schon ohne Zirkulation ist, sei ein Ausschlusskriterium für die Maschine, sagte Felstead. Ganz so einfach zu bedienen wie eine Adrenalinspritze ist sie ohnehin nicht: Nötig sind etwa Schleusen im Bereich der Arteria femoralis.

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