Kampf gegen Ebola

Impfstoffe sollen in einem halben Jahr verfügbar sein

Was sonst Jahre dauert, soll angesichts der Ebola-Epidemie nun in wenigen Monaten passieren: Die Tests zweier Impfstoffe gehen in die heiße Phase.

Von Angela Speth Veröffentlicht:
Ein Proband bekommt in Mali eine Impfung mit cAd3-EBOV.

Ein Proband bekommt in Mali eine Impfung mit cAd3-EBOV.

© Alex Duval Smith/dpa)

GENF. Für zwei Impfstoffe werden die Testphasen derart beschleunigt, dass innerhalb von Wochen Ergebnisse vorliegen, für die üblicherweise Jahre gebraucht werden. Diese Agenda haben kürzlich hochrangige Vertreter von Regierungen, pharmazeutischer Industrie und Geldgebern bei einem WHO-Treffen in Genf festgelegt.

Und weiter heißt es: Die Hersteller werden die Produktion so hochschrauben, dass bis Mitte 2015 Hunderttausende, bis Ende 2015 Millionen von Dosen verfügbar sind. Das Ziel eines komplett getesteten, für Massenimpfungen geeigneten Impfstoffs soll bis Juni 2015 erreicht sein. Und diese schnellstmöglichen Anstrengungen werden einen wesentlichen Einfluss auf das Fortschreiten der Epidemie haben.

Trägervirus plus Ebola-Gensegment

Die beiden Vakzine, auf denen solche ehrgeizigen Hoffnungen ruhen, sind nach demselben Prinzip aufgebaut: In ein abgeschwächtes Trägervirus ist ein Stück Erbmaterial des Ebola-Erregers eingefügt.

Nach intramuskulärer Injektion präsentieren die menschlichen Zellen die viralen Proteine auf ihrer Oberfläche, so dass die Immunabwehr Antikörper bildet. Da es sich um ein nichtinfektiöses Gensegment des Ebola-Virus handelt, ist eine Infektion unmöglich.

Zum Impfstoff cAd3-ZEBOV des Unternehmens GlaxoSmithKline wurde jetzt am Universitätsspital Lausanne die erste größere Studie gestartet. Vor wenigen Tagen hatte die Schweizer Zulassungsbehörde Swissmedic grünes Licht gegeben für eine placebokontrollierte Phase-I-Studie zu Sicherheit und Wirksamkeit dieses Impfstoffs, der auf dem Adenovirus einer Schimpansen-Erkältungskrankheit basiert.

Die insgesamt 120 Probanden werden in zwei Gruppen geteilt: Die eine bleibt in der Schweiz, die andere, die sich aus freiwilligen Helfern rekrutiert, reist nach Westafrika. Mehrere Hilfsorganisationen sind dafür angefragt worden, zahlreiche Personen haben sich gemeldet.

Kleinere Studien laufen bereits

Kleinere Studien zu dieser Vakzine laufen bereits seit Anfang September in Großbritannien und den USA, in Mali und Gambia.

Zum Impfstoff rVSV-ZEBOV sind weltweit vier größere Phase-I-Studien mit insgesamt rund 120 Freiwilligen geplant: in Hamburg und Genf, Gabun und Kenia. Die Studie in Gabun mit 60 Teilnehmern wird nächste Woche unter Beteiligung von Ärzten der Uniklinik Tübingen beginnen. In den USA sind bereits zwei kleine Studien angelaufen.

Genfähre ist hier das Vesikuläre Stomatitis-Virus (VSV), das bei Huftieren eine Art mild verlaufender Maul- und Klauenseuche auslöst, darin eingebaut ein Gen für ein Oberflächenprotein des Ebola-Virus. Entwickelt wurde die Vakzine von der kanadischen Public Health Agency, die sie an das US-Unternehmen New Link Genetics verkauft hatte.

Die kanadische Gesundheitsbehörde hat der WHO kürzlich 800 Ampullen - etwa 1500 Dosen- geliefert. Erste Tests an Primaten waren schon vor neun Jahren als "sicher und hocheffizient" bewertet worden (Nature Medicine 2005; 11: 786-790).

Große Bereitschaft von Freiwilligen

Für die deutsche Studie sei der klinische Prüfantrag beim Paul-Ehrlich-Institut und der Ethikkommissioneingereicht, und es gebe Signale, dass die Genehmigung demnächst erfolgt, prognostizierte Professor Stephan Becker aus Marburg im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Voraussichtlich ab Mitte November werden die Probanden dann geimpft, in der ersten Woche täglich untersucht, danach alle zwei, später alle vier Wochen. Die Seren werden in Marburg auf Antikörper getestet. Schon viele Freiwillige hätten sich gemeldet, noch bevor man gesucht habe - Ärzte und Pflegekräfte, aber auch Nicht-Mediziner, berichtete Studienleiterin Professor Marylyn Addo vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf.

Der Impfstoff ist in Hamburg bereits eingesetzt worden - bei dem ersten Menschen weltweit: 2009 hatte sich eine Mitarbeiterin bei einem Laborunfall durch drei Paar Sicherheitshandschuhe mit einer leeren Spritze gestochen, in der sie zuvor Proben des Ebola-Virus aufgezogen hatte. Später stellte sich allerdings heraus, dass sie sich nicht infiziert hatte.

Während die Hamburger Studie auf etwa 30 Probanden ausgerichtet und als Schlusstermin Ende Dezember 2014 avisiert ist, sollen die Phase-II- und Phase-III-Studien größer sein, viele Ärzte und Pflegende umfassen, in Westafrika erfolgen und bis Mitte 2015 abgeschlossen werden.

Becker vermutet, dass beide Impfstoffe ähnlich wirksam sind und dass eine einzige Impfung ausreicht, so dass kein langes Impfschema für eine Immunisierung nötig ist. "Kurzfristig könnte die VSV-Vakzine aber Vorteile bieten, weil der Schutzeffekt viel schneller eintritt."

Im Tiermodell habe sie Primaten teilweise sogar noch zwei Tage nach einer Infektion vor Ebola geschützt.

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