Ist Störung im Gehirn Ursache von Fibromyalgie?

FRANKFURT AM MAIN (bib). Als "illness without disease" - etwa Kranksein ohne Krankheit - mit spärlichen objektiven Befunden ist die Fibromyalgie prädestiniert, für eine psychosomatische Störung gehalten zu werden. Die Ätiologie des Syndroms, das etwa drei Prozent der Bevölkerung, meist Frauen zwischen 35 und 50 Jahren, betrifft, ist weitgehend unklar. Nun gibt es Hinweise, daß bei den Patienten die Schmerzverarbeitung im ZNS gestört ist.

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Normalerweise sorgt ein geregeltes Zusammenspiel aufsteigender erregender und absteigender hemmender Einflüsse für eine normale Schmerzempfindung. Eine gestörte Hemmung im Hinterhorn etwa kann Allodynie, Hyperalgesie und Spontanschmerz hervorrufen.

Im allgemeinen werden als Ursache für Schmerzen Störungen im Chloridtransport in den Nervenzellen infolge einer Läsion sowie eine vermehrte Auslösung von Schmerzreizen über spannungsabhängige Natrium-Kanäle diskutiert. Nach Ansicht von Professor Burkhart Bromm aus Hamburg erklären diese Fehlfunktionen in der Nervenzellphysiologie die meist chronischen Schmerzen bei Fibromyalgie-Patienten aber nicht hinreichend.

Für den Neurophysiologen liegt die Ursache vermutlich auf höherer Ebene. Er geht von einer Kommunikationsstörung zwischen Frontalhirn, Cingulum und Kern-Arealen im Bereich des Aquäduktes aus, wo die Zentren des absteigenden Schmerz-Hemmsystems liegen. "Bei Fehlleistungen dieses Systems werden die Patienten hypersensitiv, nicht nur gegen Schmerz-, sondern auch gegen andere somatosensorische Reize", sagte Bromm bei einem von Strathmann unterstützten Symposium beim Deutschen Schmerztag in Frankfurt am Main.

Seine These fand der Neurophysiologe in einer Studie mit zehn Fibromyalgie-Patientinnen und zehn gesunden Frauen bestätigt. So ließen sich bei den Kranken vermehrt somatosensorisch evozierte Potentiale messen, als er alle Frauen standardisierten Laserreizen im Infrarotbereich aussetzte. Die Frauen mit Fibromyalgie empfanden die Hitzereize zudem deutlich schmerzhafter als die gesunden Frauen. Auffällig war auch eine erhöhte Aktivität im Gyrus cinguli. "Hier wird das eigentlich Quälende, Beängstigende, Folternde des Schmerzes generiert", so Bromm.

Psycho- und Bewegungstherapie fördern Wirkung von Arzneien

Erhöht man die Aufmerksamkeit - etwa durch akustische Signale, die mit dem Laserreiz verknüpft sind - nimmt auch bei Gesunden die Aktivität des Gyrus cinguli zu. Da Aufmerksamkeit für Schmerzen situations- und persönlichkeitsgebunden ist, kann rasch ein Teufelskreis entstehen, so Bromm.

Bei gleichzeitiger Psycho- und Bewegungstherapie greife auch eine medikamentöse Behandlung eher, etwa mit trizyklischen Antidepressiva, Myotonolytika wie Tolperison (Mydocalm®) oder Flupirtin, sagte Professor Walter Ziegelgänsberger aus München. Wirksam sind auch etwa der Serotonin-Antagonist Tropisetron, der Kalziumkanalmodulator Pregabalin, der NMDA-Rezeptor-Antagonist oder die Substanz P.

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