Ist ein offenes Foramen ovale ein Grund für Migräne mit Aura?

BERLIN (gvg). Hängen ein offenes Foramen ovale (PFO) und Migräne zusammen? Darüber wird diskutiert. In einer prospektiven epidemiologischen Studie wollen Neurologen und Kardiologen gemeinsam klären, ob und bei welchen Migräne-Varianten ein PFO relevant ist. Falls es einen kausalen Zusammenhang gibt, hätte das Konsequenzen für Diagnostik und Therapie.

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An der Studie sollen 800 Migräne-Patienten teilnehmen, bei denen jeweils per Schluckecho (transösophageale Echografie, TEE) nach einem PFO gesucht wird. "Ziel ist es, herauszufinden, ob bestimmte Migräne-Varianten überzufällig häufig mit einem offenen Foramen ovale assoziiert sind", sagte Professor Franz Xaver Kleber von der Klinik für Kardiologie des Unfallkrankenhauses Berlin.

Untersuchungen ergaben widersprüchliche Ergebnisse

Dass dem so ist, davon ist Kleber fest überzeugt, auch wenn bisherige Untersuchungen die These vom PFO als einer möglichen Migräne-Ursache eher infrage gestellt haben. "Wahrscheinlich wurde nicht genau genug differenziert", so Kleber auf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit.

Vor allem bei Migräne-Patienten mit Aura glaubt Kleber fest an die pathophysiologische Bedeutung des PFO. Was ihn so sicher macht, ist eine eigene Serie von 191 Patienten mit PFO. Bei diesen Patienten wurde der Defekt an der Klinik, an der er arbeitet, per Herzkathetereingriff verschlossen. 46 dieser Patienten hatten Migräne. "Das ist mehr als doppelt so viel wie in der Bevölkerung", so Kleber. Mehr noch: Von diesen 46 Patienten beschrieb die Hälfte eine Migräne mit Aura. Im Schnitt ist das normalerweise bei etwa jedem fünften Migränepatienten der Fall.

Das eigentlich Erstaunliche sind aber die Therapie-Ergebnisse: Bei jedem vierten Migränepatienten verschwanden die Beschwerden völlig. Bei weiteren 63 Prozent kam es zu einer deutlichen Reduktion der Symptome.

Kleber: "Wir haben das am Anfang auch nicht geglaubt, aber die Patienten kamen von sich aus und haben uns gefragt, was genau wir eigentlich mit ihrer Migräne gemacht hätten."

Wie PFO und Migräne pathophysiologisch zusammenhängen könnten, dazu gibt es bisher nur Hypothesen. Eine besagt, dass durch den Rechts-Links-Shunt im Herzen potenziell Kopfschmerz förderndes Serotonin nicht, wie sonst, von der Lunge abgebaut werden kann. Dafür spreche, dass auch Patienten mit arteriovenösen Fisteln in der Lunge eine erhöhte Kopfschmerzneigung zu haben scheinen, so Kleber.

Ein Erklärungsansatz sind Mikroembolien im Gehirn

In diesem Fall müsste der Zusammenhang zwischen Migräne und PFO mit zunehmender Shuntmenge und damit Größe des Foramens tendenziell stärker werden. Auch das soll in der jetzt anlaufenden Studie untersucht werden.

Der zweite Erklärungsansatz sind Mikroembolien im Gehirn, die nach Auflösung kurzfristig zu schmerzhaften Hyperämien führen könnten. Auch hier gibt es eine klinische Beobachtung, die die These stützt: Migräne-Patienten mit Aura haben einen stark erhöhtes Schlaganfallrisiko, was sich über eine Assoziation mit einem offenen Foramen ovale gut erklären ließe.

Auch nach dem epidemiologischen Zusammenhang zwischen offenem Foramen ovale, Migräne mit Aura und zerebralen Durchblutungsstörungen soll daher in der Studie gefahndet werden. Mit Ergebnissen kann Ende 2008 gerechnet werden.



STICHWORT

Persistierendes Foramen ovale

Etwa jeder dritte Mensch hat ein offenes Foramen (PFO). Bekannt ist, dass ein solcher Defekt das Risiko für eine TIA oder einen Hirninfarkt erhöht. So haben dreimal mehr Patienten mit kryptogenen Schlaganfällen (Schlaganfällen unbekannter Ursache) ein PFO als Menschen in der Allgemeinbevölkerung. Aber auch andere Komplikationen durch paradoxe Embolien wie Darm-Ischämien, sind möglich. Therapie-Optionen bei PFO sind Antikoagulation, Thrombozytenaggregations-Hemmung sowie der mechanische Verschluss, etwa minimal-invasiv per Kathetereinlage eines Schirmchens. Ob Betroffene von einem Verschluss des PFO profitieren, wird noch kontrovers diskutiert. Seit einiger Zeit wird auch ein Zusammenhang mit PFO und Migräne diskutiert. (gwa)

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