FOURIER-Studie

Keine Angst vor LDL-Cholesterin unter 10 mg/dl!

PCSK9-Inhibitoren machen es möglich, den LDL-Cholesterin-Wert stark zu senken. Doch wie sicher sind niedrige LDL-Werte? Wissenschaftler haben die Daten aus der FOURIER-Studie analysiert und geben Entwarnung für Werte bis unter 10 mg/dl.

Von Dirk Einecke Veröffentlicht:
Arteriosklerose: In der FOURIER-Studie senkte Evolocumab die LDL-Werte auf im Schnitt 30 mg/dl.

Arteriosklerose: In der FOURIER-Studie senkte Evolocumab die LDL-Werte auf im Schnitt 30 mg/dl.

© MAN AT MOUSE / Fotolia

Wie tief kann man ohne Risiko den LDL-Cholesterin-Wert senken? Eine neue Analyse der FOURIER-Studie zeigt jetzt: Bis zu Werten unter 10 mg/dl (0,25 mmol/l) verstärkt sich die Schutzwirkung vor kardiovaskulären Komplikationen, ohne dass Nebenwirkungen zunehmen (Lancet 2017, online 28. August).

Mit Hilfe der PCSK9-Inhibitoren, zusätzlich zu einer Therapie mit Statinen plus gegebenenfalls Ezetimib verabreicht, können die LDL-Cholesterinwerte in bisher unerreichte Tiefen abgesenkt werden. In der im März 2017 publizierten FOURIER-Studie (N Engl J Med 2017; 376:1713-1722) mit ungefähr 27.500 KHK-Hochrisiko-Patienten reduzierte Evolocumab das LDL-Cholesterin im Schnitt auf Werte von etwa 30 mg/dl. Bei vielen Patienten wurden aber noch tiefere LDL-Werte erreicht.

Sicherheitsdaten für eine Therapie von 2,2 Jahren

Nicht nur vor dem Hintergrund der alle Jahre wieder aus der Schublade geholten Story "Die Cholesterinlüge" und der damit verbundenen Argumentation "Der Körper braucht doch Cholesterin" war es auch wissenschaftlich interessant zu untersuchen, wie sicher Erwachsene mit solch niedrigen Cholesterinwerten leben können.

Die FOURIER-Studie gibt darauf natürlich keine endgültige Antwort, sie wartet aber mit Sicherheitsdaten aus einer medianen Beobachtung von 2,2 Jahren bei einem großen Patientenkollektiv auf.

Um die Wirksamkeit und Sicherheit von sehr niedrigen LDL-Werten zu untersuchen, teilten Wissenschaftler das gesamte Patientenkollektiv in Abhängigkeit der nach 4-wöchiger Therapie erreichten LDL-Werte in fünf Gruppen auf: Patienten mit LDL-Werten unter 20 mg/dl (circa 2670 Patienten), 20–49 mg/dl (circa 8000 Patienten), 50–69 mg/dl, 70–99 mg/dl und = 100 mg/dl.

Etwa 26.000 Patienten, bei denen bis zu diesem Zeitpunkt weder klinische noch sicherheitsrelevante Ereignisse aufgetreten waren, gingen in die Analyse ein. Bezüglich ihrer klinischen Charakteristika unterschieden sich die fünf Gruppen nicht.

Die Ergebnisse der von Professor Giugliano vom Brigham and Women's Hospital in Boston beim Kongress der European Society of Cardiology (ESC) in Barcelona vorgetragenen Analyse zeigen, dass die Häufigkeit der primären und sekundären kardiovaskulären Endpunkte kontinuierlich abnimmt, je weiter die LDL-Werte gesenkt wurden. Diese lineare Beziehung fand sich bis zu Werten von 10 mg/dl, so Giuliano.

Keine Zunahme von Nebenwirkungen

Gleichzeitig wurden bestimmte Sicherheitsendpunkte in den fünf Gruppen analysiert, unter anderem schwere Nebenwirkungen, Therapieunterbrechungen aufgrund von Nebenwirkungen, Neudiagnosen eines Diabetes, Malignome, Katarakt, Leberwerte, CK-Werte, hämorrhagische Schlaganfälle, neurologische Auffälligkeiten und speziell kognitive Beeinträchtigungen.

Bezüglich keiner dieser Parameter zeigte sich ein erhöhtes Risiko in den Gruppen mit sehr niedrigen LDL-Werten, berichtete Giuliano.

Im Gesamtkollektiv der FOURIER-Studie hatte die Evolocumab-Therapie das Risiko für den primären Endpunkt (kardiovaskulären Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall, Einweisung mit instabiler Angina, und koronare Revaskularisierung) um 15 Prozent relativ und um 1,5 Prozent absolut (von 11,3 Prozent unter Placebo auf 9,8 Prozent) reduziert.

Das Risiko für den "härteren" sekundären Endpunkt (Major Adverse Cardiac Event (MACE): kardiovaskulärer Tod, Infarkt, Schlaganfall) war relativ um 20 Prozent und absolut um 1,5 Prozent (von 7,4 auf 5,9 Prozent) gesunken.

Im etwa 500 Studienteilnehmer umfassenden Kollektiv der Patienten mit LDL-Werten unter 10 mg/dl sanken die Risiken für den sekundären MACE-Endpunkt im Studienverlauf von 2,2 Jahren auf 4,4 Prozent – im Vergleich zu 7,4 Prozent in der Kontrollgruppe.

"Diese Daten legen nahe, dass wir noch deutlich niedrigere LDL-Werte bei unseren kardiovaskulären Risikopatienten anstreben sollten, als es bisher empfohlen wird", resümierte Giuliano.

Weitere Informationen zur Kardiologie unter www.springermedizin.de

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