Tumorforschung

Krebsstammzellen gewinnen an Bedeutung

Was noch vor einigen Jahren vage vermutet wurde, ist heute erwiesen: Krebsstammzellen wurden als "die gefährlichsten" in einem Tumor ausgemacht.

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Pankreas-Ca: Damit haben Forscher neue Erkenntnisse über die Identität von Tumorstammzellen gewonnen.

Pankreas-Ca: Damit haben Forscher neue Erkenntnisse über die Identität von Tumorstammzellen gewonnen.

© Siemens press picture

HEIDELBERG. In diesem Jahr wurde die Stammzellforschung in der regenerativen Medizin mit dem Nobelpreis gewürdigt.

Doch auch in der Krebsforschung hat das Stammzellkonzept eine "stürmische Entwicklung" genommen, wie der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Professor Otmar D. Wiestler, kürzlich auf einer internationalen Tagung "Stammzellen und Krebs" in Heidelberg sagte.

Was noch vor einigen Jahren vage vermutet wurde, ist heute erwiesen. Krebsstammzellen wurden als "die gefährlichsten" in einem Tumor ausgemacht: Sie sind die Ursprungszellen für den Krebs, halten sein Wachstum aufrecht, entziehen sich den gängigen Therapien und werden von den Krebsforschern als Quellen für die Metastasen angeschuldigt.

Die internationale Elite der Krebs-Stammzellforschung traf sich zum 7. Internationalen Heinrich F.C. Behr-Symposium und berichtete über neueste Erkenntnisse zum Stammzellkonzept und erste mögliche therapeutische Ansätze.

Krebsstammzellen wurden erstmals bei Leukämiepatienten dingfest gemacht und wurden inzwischen bei einer Vielzahl von soliden Tumoren wie Hirn-, Brust-, Darm-, Prostata- und Pankreaskarzinomen identifiziert.

Sie lassen sich durch spezifische molekulare Charakteristika auf der Zelloberfläche erkennen, so genannte Biomarker. Krebsstammzellen machen oft nur einen kleinen Teil der Tumorzellen aus und sind schwer zu fassen, denn sie ruhen in Nischen z.B. des Knochenmarks und sind damit therapieresistent.

Je weiter das Tumorwachstum fortgeschritten ist, desto größer wird der Anteil an Zellen mit Stammzelleigenschaften z.B. in Metastasen.

Dem Team um den Heidelberger Stammzellforscher Professor Andreas Trumpp, der die Abteilung Stammzellen und Krebs am Deutschen Krebsforschungszentrum sowie das Stammzellinstitut HI-STEM leitet, ist es gelungen, Tumorzellen mit Stammzelleigenschaften im Blut von Brustkrebspatientinnen zu identifizieren, die nach Transplantation in Mäuse neue Knochenmetastasen auslösen konnten.

Sie zeichnen sich Trumpp zufolge durch die Kombination von drei Rezeptoren auf der Zelloberfläche aus. Darunter dem HGF-Rezeptor MET, gegen den bereits Inhibitoren bei anderen Tumorarten, wie z.B. bei Lungenkrebs in der klinischen Erprobung sind.

Neue Erkenntnisse haben die Stammzellforscher auch über die Identität der Tumorstammzellen gewinnen können. Trumpp: "Sie sind so heterogen wie der Tumor selbst".

So können sich die Zellen innerhalb eines genetisch identischen Tumorklons hinsichtlich seiner Stammzellkapazität durchaus unterscheiden. Dies erkläre möglicherweise auch das unterschiedliche Ansprechen auf Therapien.

Das haben Martin Sprick und Andreas Trumpp am HI-STEM Institut beim Adenokarzinom des Pankreas herausgefunden. Anhand der molekularen Eigenschaften der Krebsstammzellen haben sie drei Untergruppen von Patienten identifizieren können, die unterschiedlich gut auf die Standardtherapie (Gemcitabine und Erlotinib) ansprachen und auch ein unterschiedliches Überleben aufwiesen.

Erste therapeutische Erfolge

Die Stratifizierung konnte immunhistologisch mittels neuer Biomarker vorgenommen werden. Die histologischen Ergebnisse, die sämtlich von Patienten stammten, bei denen der Primärtumor chirurgisch entfernt werden konnte, wurden mit den klinischen Daten retrospektiv korreliert.

Es zeigte sich, dass ein Fünftel der Patienten ein für diese aggressive Tumorentität recht gutes Überleben von 40 Monaten hatte, während eine andere weit größere Gruppe - nämlich 40 Prozent - nur 16 Monate überlebte.

Somit bestand eine klare Korrelation zwischen Tumorsubtyp und Überleben. Interessanterweise, so Trumpp, haben die Tumorzellen der Patienten mit dem günstigeren Verlauf kaum auf die übliche Chemotherapie angesprochen.

Somit könnte diese Klassifizierung klinisch bedeutsam sein bei der Therapieentscheidung für Patienten mit einem Pankreaskarzinom, die in der Regel alle dieselbe Chemotherapie erhalten, prognostizierte Trumpp.

Bis dahin sind aber noch weitergehende Studien notwendig, die zusammen mit dem Universitätsklinikum Heidelberg und dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingeleitet werden.

Von ersten vielversprechenden Ansätzen für eine gezielte Stammzelltherapie berichtete die Heidelberger Neurobiologin, Professor Ana Martin-Villalba bei dem Symposium.

Ihre Abteilung hat aus Gewebeproben von Hirntumoren die CD-95 ausprägende Zellpopulation isolieren können und herausgefunden, dass sie stammzelltypische Eigenschaften haben. Sie allein können Hirntumoren auslösen und deren Wachstum beschleunigen.

In einer internationalen multizentrischen klinischen Phase-II-Studie der Heidelberger Firma Apogenix mit 84 Patienten, die an einem fortgeschrittenen hochaggressiven Glioblastom litten, wurde an der Neuroonkologischen Abteilung der Universitätsklinik Heidelberg ein hemmender Wirkstoff namens APG 101 gegen den CD 95-gesteuerten Signalweg eingesetzt: mit Erfolg.

Von denjenigen Patienten, die den Wirkstoff in der Zweitlinientherapie zusätzlich zur üblichen Bestrahlung erhalten hatten, überlebten nach sechs Monaten mehr als doppelt so viele ohne Tumorprogress wie in der Kontrollgruppe mit alleiniger Radiotherapie. Außerdem hatten sie eine deutlich bessere Lebensqualität.

Mehrere Angriffspunkte gegen therapieresistente Tumorstammzellen bei der Chronisch-Myeloischen Leukämie (CML), die auch modernen , zielgerichteten Medikamenten wie z.B. "Glivec" trotzen, werden in der Arbeitsgruppe der amerikanischen Stammzellforscherin Professor Catriona Jamieson an der University of California, in San Diego verfolgt.

Dabei suchen die Forscher nach molekularen "Achillesfersen" und möglichen Wirkstoffen dagegen. Ein klinisch erfolgversprechender Ansatz ist es, die Selbsterneuerungsfähigkeit der Tumorstammzellen zu blockieren.

Hier konzentrieren sich die Forscher unter anderem auf das Sonic Hedgehog (Shh)-Molekül . Ein Wirkstoff gegen das Molekül, welches das Signal zum Tumorwachstum gibt, ist bereits in der klinischen Erprobung.

So berichtete die amerikanische Forscherin von einer kleinen internationalen Phase 1-Studie, in welcher Patienten mit therapieresistenter CML einen oralen Shh-Inhibitor der Firma Pfizer erhielten. Bei einem Teil von ihnen habe man "eine erstaunlich gute Wirkung" gesehen. (bd)

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